Bereits im Februar veröffentlichte das Bundesjustizministerium ein Eckpunktepapier zur Einführung der „Verantwortungsgemeinschaft“. Hiernach ist geplant, gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um persönliche Näheverhältnisse durch einen Verantwortungsgemeinschaftsvertrag rechtlich abzusichern. Eine Eheschließung soll hierfür nicht erforderlich sein. Kommt nun also die Ehe light?

Status quo
Das Gesetz regelt persönliche Nähebeziehungen und gegenseitige Verantwortungsübernahme nur in engen Grenzen (z. B. durch Eheschließung oder Adoption). Nehmen Personen außerhalb von Ehe und Familie Verantwortung füreinander, finden sich insofern kaum Regelungen im Gesetz. Diese scheinbare Alles- oder Nichts-Lösung stößt vermehrt auf Unmut. In der Praxis zeigt sich, dass Paare immer häufiger den Wunsch äußern, die gesetzlichen Rechtswirkungen einer Eheschließung abmildern zu wollen. Ein Ehevertrag war bislang die Lösung, wobei auch insoweit die ehelichen Wirkungen einer Eheschließung nur teilweise abbedungen werden konnten.

Gesetzgeberisches Anliegen
Mit der Einführung der Verantwortungsgemeinschaft beabsichtigt das Bundesjustizministerium nun ein gesetzliches Regelungswerk zu schaffen, das Personen ermöglichen soll, rechtlich Verantwortung füreinander zu tragen, ohne dafür heiraten zu müssen. Dabei soll die Verantwortungsgemeinschaft die gesetzlichen Regelungen zur Ehe und Familie jedoch unberührt lassen und insbesondere nicht in Konkurrenz zur Ehe stehen. Welche Pflichten und Rechte die Gemeinschaft begründet, soll vom Maß der Verantwortungsübernahme und vom Willen der Parteien abhängen.

Regelungskonzept
Geplant ist die Einführung eines Stufenmodells, das zwischen einer Grundstufe und einer Aufbaustufe der Verantwortungsgemeinschaft differenzieren soll.

In der Grundstufe sollen die Partner nur in geringem Maß Verantwortung füreinander übernehmen, sodass mit der Verantwortungsgemeinschaft auch nur wenige rechtliche Folgen verbunden sein sollen. Vorgesehen ist, dass zwischen den Vertragspartnern alle gesetzlichen Vorschriften Anwendung finden, die konkret an das Bestehen einer persönlichen Nähebeziehung knüpfen (z.B. die Bestellung eines Betreuers).

Beabsichtigen die Vertragspartner hingegen ein stärkeres Maß an Verantwortung, sollen sie in der Aufbaustufe zwischen verschiedenen Regelungsmodulen differenzieren und diese frei miteinander kombinieren können. Im Einzelnen sollen folgenden Optionen möglich sein:

Modul 1 - Auskunft und Vertretung in Gesundheitsangelegenheiten: Der jeweils andere soll Auskunft von behandelnden Ärzten verlangen und den handlungsunfähigen Partner vertreten können.

Modul 2 – Zusammenleben: Für Geschäfte aufgrund der Führung eines gemeinsamen Haushalts wird die Vertretung des anderen gegenüber Dritten geregelt.

Modul 3 – Pflege und Fürsorge: Die Regelungen des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes über die Pflege von nahen Angehörigen sollen auch auf die Pflege des Partners der Verantwortungsgemeinschaft Anwendung finden können.

Modul 4 – Zugewinngemeinschaft: Den Partnern soll es möglich sein, einen Vermögensausgleich bei Beendigung der Verantwortungsgemeinschaft vereinbaren zu können.

Welche Stufe und/oder Regelungsmodule die Partner wählen, haben sie schriftlich in einem Verantwortungsgemeinschafts-
vertrag festzulegen. Ebenso wie der Ehevertrag soll auch der Verantwortungsgemeinschaftsvertrag notariell beurkundet werden. Anders als bei der Ehe soll die Verantwortungsgemeinschaft aus bis zu sechs Personen bestehen können. Dies soll nur für die Fälle nicht gelten, in denen das Regelungsmodul der Zugewinngemeinschaft vereinbart wird. Insoweit soll die Anzahl der Beteiligten auf zwei Vertragsparteien, die zudem unverheiratet sein müssen, beschränkt sein. Soll die Gemeinschaft wieder aufgehoben werden, soll dies durch eine einseitige Erklärung oder durch eine gemeinsame Aufhebung rechtlich möglich sein.

Darüber hinaus sollen keine weiteren familien- und erbrechtlichen Rechtsfolgen durch eine Verantwortungsgemeinschaft begründbar sein. Auch steuerliche Begünstigungen – wie sie zum Teil für Ehegatten oder Familienangehörige bestehen – sollen nach der Vorstellung des Bundesjustizministeriums nicht auf Partner einer Verantwortungsgemeinschaft übertragbar sein.

Fazit
Ob die Verantwortungsgemeinschaft das klassische Modell der Ehe zukünftig ablösen wird, ist ungewiss. Für viele Paare ist es gerade entscheidend, durch das symbolische Band der Ehe miteinander verbunden zu sein. Der Verantwortungsgemeinschaft dürfte eine weitaus geringere Symbolkraft zukommen. Sollten allerdings rechtliche Erwägungen den Ausschlag für eine Eheschließung geben, so könnte die Verantwortungsgemeinschaft womöglich eine Alternative zur Ehe sein. Führt man sich insoweit jedoch vor Augen, dass viele rechtliche Privilegien, die Ehegatten zukommen (z. B. erb- und steuerrechtliche Vorteile), nicht auf Partner einer Verantwortungsgemeinschaft übertragbar sein sollen, wird die Verantwortungsgemeinschaft für viele Paare wenig attraktiv sein. Daher ist zu vermuten, dass das derzeitige Regelungskonzept der Verantwortungsgemeinschaft das Konzept der Ehe nicht ablösen wird. Zudem bleibt abzuwarten, ob und wann es zur Einführung der Verantwortungsgemeinschaft kommt. Ein Gesetzesentwurf liegt bislang noch nicht vor.

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