Nach einer aktuellen Entscheidung des OLG Hamm können Luftbildaufnahmen Urheberrechte verletzen. Dies dürfte derzeit wohl noch der herrschenden Ansicht entsprechen. Anders sah dies 2020 allerdings das LG Frankfurt am Main. Vorerst ist die Rechtslage bei Luftbildern damit nicht gesichert.

Worum geht es?
Die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst klagte gegen einen Verlag, der in einem Buch mit einer Drohne gefertigte Luftbildaufnahmen von Kunst-Installationen veröffentlichte, ohne hierfür Lizenzen eingeholt zu haben. Die Verwertungsgesellschaft sah hierdurch die von ihr wahrgenommenen Urheberrechte der bildenden Künstler verletzt. Der Verlag berief sich auf die sogenannte Panoramafreiheit des § 59 Urheberrechtsgesetz (UrhG). Das Landgericht Bochum hat der Klage stattgegeben. Hiergegen richtete sich die Berufung des Verlages.

Urheberrecht und Panoramafreiheit
Das Urheberrecht weist das ausschließliche Recht, sein Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten dem Urheber zu. Hierunter fällt auch das Recht, eine Fotografie eines Werkes anzufertigen und – hier in einem Buch – zu vertreiben.

Da dies Abbildungen aus dem öffentlichen Raum übermäßig einschränken würde, enthält § 59 UrhG als Schranke des Urheberrechts die sogenannte Panoramafreiheit. Danach ist es zulässig, Werke, die von öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen aus sichtbar sind, abzubilden und diese Abbildungen – auch gewerblich – zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.

Der BGH hat dies in früheren Entscheidungen dahingehend konkretisiert, dass die Panoramafreiheit nur dasjenige erfasst, was von der Straße aus gesehen werden könne. Insbesondere entschied der BGH, dass eine Abbildung, die aus einem gegenüberliegenden Haus aus angefertigt worden sei, nicht mehr hierunter falle. Dasselbe gelte bei der Verwendung von Hilfsmitteln wie einer Leiter (BGH Urt. v. 27.04.2017 – I ZR 247/15 Rn. 35 – AIDA-Kussmund). Dies dürfte derzeit auch in der Literatur die herrschende Auffassung sein.

Das LG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.11.2020 – 2-06 O 136/20) ging – soweit ersichtlich in einer der ersten Entscheidungen zu Drohnenfotos – davon aus, dass auch Aufnahmen mithilfe einer Drohne nach § 59 UrhG erlaubt seien. Entscheidend sei, dass das Werk sich an einem öffentlichen Ort befinde, nicht, von wo es abgebildet werde. Offen ließ das LG Frankfurt am Main, ob § 59 UrhG hingegen so ausgelegt werden müsse, dass die Umgehung von Hindernissen nicht mehr erlaubt sei. Das beträfe etwa den Fall, in dem sich der Blick auf ein Werk allein unter Zuhilfenahme eines Hilfsmittels böte – etwa bei einem Bauwerk hinter einer entsprechend hohen Mauer.

Die Entscheidung des OLG Hamm
Das OLG Hamm (Urteil vom 27.04.2023 – 4 U 247/21) wies die Berufung des Verlages (bis auf einen Teil des zu zahlenden Schadensersatzes) zurück. Insbesondere schloss sich das OLG dem BGH an und hielt die Panoramafreiheit für nicht einschlägig. Wenn schon keine Leiter als Hilfsmittel eingesetzt werden dürfe, gelte dies erst Recht für Hilfsmittel zur Nutzung des Luftraums – hier einer Drohne. Dies sei unabhängig davon zu beurteilen, ob die Nutzung des Luftraums durch Luftfahrzeuge im Übrigen grundsätzlich zulässig sei. § 59 UrhG privilegiere nur Abbildungen dessen, was Menschen ohne Hilfsmittel – also laufend, kletternd oder schwimmend – sehen könnten. Die Revision des Verlages wurde zugelassen.

Fazit
Wer Abbildungen nur einzelner Werke – beispielsweise auf Werbeflyern oder Produktverpackungen – verwenden will, sollte klären, ob hierfür eine Lizenz erforderlich ist. Die Einholung einer Lizenz ist – bis zu einer Änderung der BGH-Rechtsprechung – jedenfalls dann geboten, wenn die Abbildung eine Perspektive zeigt, die ohne Hilfsmittel, d. h. mit dem bloßen Auge, nicht von jedermann von einem öffentlichen Platz aus gesehen werden kann.

Nicht entschieden wurde die spannende Frage, wie es um Luftbildaufnahmen von ganzen Städten oder Stadtteilen steht, auf denen einzelne Bauwerke noch deutlich zu erkennen sind, die möglicherweise das Stadtbild sogar prägen. Fraglich erscheint insoweit, ab wann es sich nur noch um „unwesentliches Beiwerk“ im Sinne des § 57 UrhG handelt. Je mehr das einzelne Bauwerk im Vordergrund steht, desto eher empfiehlt sich auch hier die Einholung einer Lizenz.

Von den Urheberrechten bildender Künstler und Architekten unabhängig wird in jedem Fall eine Lizenz desjenigen benötigt, der das Luftbild angefertigt hat. Dies kann ein Drohnenpilot oder ein Fotograf sein, der aus einem Luftfahrzeug heraus fotografiert.
 

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