Mit Schreiben vom 15.10.2024 hat der BMF seine Interpretation der neuen E-Invoicing-Regeln aktualisiert und vorerst finalisiert. Dabei wurden einige praxisrelevante Änderungen aufgenommen, die nachstehend beleuchtet werden. Dieser dritte Teil unserer Reihe knüpft an die vorangegangenen esche.blog-Beiträge an, in denen wir die Hintergründe des europäischen VIDA-Projekts und die Änderungen zur E-Invoice aufgrund des Wachstumschancengesetzes vom 27. März 2024 vorgestellt haben.
Vertrag als Rechnung bei Dauerleistungen
Bislang konnte ein Vertrag (ggf. zusammen mit Zahlungsbelegen) als (Dauer)Rechnung im umsatzsteuerlichen Sinne gelten, wenn er alle erforderlichen Rechnungsangaben, insbes. eine Rechnungsnummer, enthielt. An dieser grundlegenden gesetzlichen Regelung ändert sich auch durch die Neuregelung nichts, wobei bei der elektronischen Rechnungstellung der Vertrag zukünftig Anlage zur initialen E-Rechnung sein muss. Bei Dauerschuldverhältnissen genügt es, wenn für den ersten Teilleistungszeitraum (z. B. bei Pachtverträgen) eine E-Rechnung ausgestellt wird.
Fraglich war allerdings, was für Dauerschuldverhältnisse gelten sollte, die vor dem Inkrafttreten der E-Invoice-Regeln (01.01.2025) abgeschlossen worden waren. Der BMF hatte zunächst verlangt, dass auch für diese Altverträge – einmalig – eine initiale E-Invoice auszustellen sei. Davon ist der BMF jetzt teilweise abgerückt: für vor dem 01.01.2027 bereits erstellte sonstige Dauerrechnungen (also solche, die keine E-Rechnung nach neuem Recht sind) muss nicht zusätzlich eine E-Rechnung ausgestellt werden, solange sich die Rechnungspflichtangaben nicht ändern.
Damit besteht jedenfalls sowohl für Altverträge als auch für die ersten zwei Jahre des gestaffelten Übergangszeitraums keine Notwendigkeit, diese Rechnungen sofort in das E-Invoicing-System zu überführen. Ob der Hinweis, dass dies nur solange gilt, bis sich die Rechnungspflichtangaben ändern, auch bei einer vertraglich bereits vorgesehenen Preisänderung einschlägig ist, ist fraglich. Hier wird zu unterscheiden sein: ist die Preisänderung bereits mit allen erforderlichen Rechnungsangaben (vor allem: Nettoentgelt, darauf entfallender Umsatzsteuerbetrag) ausdrücklich im Vertrag benannt, ist keine Änderung erforderlich. Hängt die Änderung z. B. von der Veränderung eines Index ab, wäre das genaue neue Entgelt (und der darauf entfallende USt-Betrag) in einer geänderten E-Rechnung zu nennen, um den Rechnungsanforderungen zu entsprechen.
Rechnungsberichtigung: keine Umstellung erforderlich
Wird eine Rechnungsberichtigung erforderlich, stellt sich die Frage, ob eine sonstige Rechnung nach Ablauf der Übergangsfrist nur noch im Wege einer E-Rechnung korrigiert werden darf, oder ob (auch) das ursprüngliche Format verwendet werden darf. Auch insoweit gibt es jetzt die erfreuliche Klarstellung: eine Rechnung, die zulässigerweise als sonstige Rechnung ausgestellt worden ist, kann auch später noch im gleichen Format berichtigt werden (muss aber nicht, die Berichtigung mittels E-Rechnung ist zulässig).
Unberechtigter Steuerausweis bei hybriden Rechnungen
Kaum praktische Erleichterung bringt die Anpassung bzgl. hybrider Formate, also solcher E-Rechnungsformate, die zusätzlich zu dem maschinenlesbaren Strukturdatensatz einen menschenlesbaren Teil enthält, wie dies beim ZUGFeRD-Format der Fall ist. Bei solchen hybriden Formaten stellen sich verschiedene Fragen, falls der Strukturdatensatz von dem menschenlesbaren Teil abweicht. Es bleibt zunächst dabei, dass für den Vorsteuerabzug der Strukturdatensatz maßgeblich ist (Vorrang des maschinenlesbaren Teils). Weicht der menschenlesbare Bildteil hiervon ab, kann dies eine weitere (sonstige) Rechnung darstellen, die ggf. zu einer Mehrsteuer nach § 14c UStG führen kann.
Der BMF beanstandet es nunmehr nicht (mehr), wenn es sich lediglich um geringfügige Abweichungen handelt, die entweder ergänzenden oder konkretisierenden Charakter haben. Auch Rundungsdifferenzen stellen kein Problem dar. Ob allerdings eine zu einer zusätzlichen Steuer nach § 14c UStG führende zweite Rechnung auch dann vorliegt, wenn – z. B. nach Ablauf der Übergangsfristen – eine sonstige Rechnung gar nicht mehr zulässig ist, erscheint zweifelhaft, insbesondere dann, wenn man sich vor Augen führt, dass diese Regelung vor allem dem Schutz des Steueraufkommens vor einem (unberechtigten, zusätzlichen) Vorsteuerabzug dient. Wenn eine solche sonstige Rechnung für den Vorsteuerabzug von vornherein ausscheidet, dürfte eine zusätzliche Steuer nach § 14c unverhältnismäßig sein. Für die Praxis ist es dennoch empfehlenswert, bei der Programmierung darauf zu achten, dass Daten- und Bildteil nicht divergieren.