Der ECOFIN-Rat hat in seiner Sitzung am 05.11.2024 nach mehr als zweijährigen Verhandlungen nunmehr Details des VIDA-Projekts beschlossen. ViDA (VAT in the Digital Age) steht u.a. für ein zukünftiges transaktionsbezogenes Umsatzsteuermeldesystem, das eine zeitnahe Umsatzsteuerprüfung ermöglichen soll. Basis dafür ist die verbindliche E-Rechnung, die in Deutschland ab 2025 eingeführt wird. Zu Details hatten wir bereits in früheren esche.blog-Beiträgen berichtet. Die bisherigen Bedenken, die vor allem von Estland gegen ViDA vorgebracht worden waren, konnten offenbar ausgeräumt werden.
Transaktionsbezogene Meldungen
Zukünftig sollen alle grenzüberschreitenden Leistungen in Echtzeit über ein noch zu schaffendes Meldesystem erfasst werden. Das System soll die bestehenden Zusammenfassenden Meldungen (ZM) ersetzen. Die Meldung erfolgen auf Basis des jeweiligen Einzelumsatzes, bedeuten also eine erhebliche Ausweitung des zu meldenden Datenvolumens. Daher ist die vorherige erfolgreiche Einführung der E-Rechnung unabdingbare Voraussetzung für diesen zentralen Datenaustausch.
Erfasst werden zunächst nur B2B-Umsätze im EU-grenzüberschreitenden Bereich; die Daten werden den jeweiligen nationalen Steuerbehörden gemeldet, die diese dann im europäischen Verbund abgleichen können. Ziel dieses Meldesystems ist die Möglichkeit, den Steuerbehörden zeitnah vollständige Transaktionsdaten zur Verfügung zu stellen. Damit soll der Mehrwertsteuer-Betrug, dessen Volumen in der EU weiterhin extrem hoch ist, bekämpft werden.
Zur Umsetzung werden folgende Rechtsakte verabschiedet werden, die derzeit im Entwurf vorliegen:
- Änderung der MwSt-Systemrichtlinie
- Verordnung über die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten
- Änderung der DurchführungsVO zur MwSt-Systemrichtlinie
Das europäische System soll 2030 stehen (nicht, wie bisher geplant, 2028), die angeschlossenen nationalen Systeme spätestens 2035 untereinander kommunizieren können.
6 bzw. 11 Jahre scheint ein langer Zeitraum zu sein. Wie immer, kommt die Umsetzung am Ende doch überraschend. Daher ist es ratsam, sich die neuen Regeln, sobald sie verabschiedet sind, genau anzuschauen. Die EU hat die Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs seit Jahren zu einem wichtigen Ziel ihrer Finanzpolitik erklärt, es ist nicht zu erwarten, dass sie von den jetzt beschlossenen Vorgaben abweichen wird.
Erweiterte Leistungskettenfiktion bei Dienstleiter-Plattformen
Die Leistungskettenfiktion, die es bereits im Online-Handel gibt, wird auf Online-Dienstleister ausgeweitet. Das betrifft vor allem Wohnungsvermittler (z. B. AirBnB), aber auch Mobilitätsplattformen (z. B. Uber ). Die eigentlichen Dienstleister, z.B. private Wohnungsvermieter, zahlen i.d.R. keine Umsatzsteuer, was zu Wettbewerbsverzerrungen und Steuerausfällen führt. Durch die Einführung einer gesetzlichen Fiktion werden die Vermittlungsplattformen in die Leistungskette miteinbezogen. Sie sollen künftig für die erbrachten Leistungen die Umsatzsteuer einnehmen und abführen, mit entsprechenden Haftungstatbeständen. Für kleine Unternehmen wird es Ausnahmen geben.
Erweiterter One Stop Shop (OSS)
Für grenzüberschreitende B2C-Leistungen gibt es ein funktionierendes OSS-System, das die Registrierung im Heimatland mit Wirkung für alle EU-Mitgliedstaaten ermöglicht. Für Lieferungen, die ausschließlich im Ausland erbracht werden, z. B. aus einem ausländischen Lager an dort ansässige Kunden, funktioniert diese OSS-Regelung jedoch nicht, es bleibt bislang beim Erfordernis der Registrierung im Ausland. Die bestehende OSS-Regelung soll daher auf solche Umsätze ausgeweitet werden.
Außerdem wird das reverse-charge-Verfahren auf B2B-Umsätze erweitert werden für Fälle, in denen der Lieferant nicht im Mitgliedstaat der Lieferung ansässig ist und die Lieferung nicht grenzüberschreitend erfolgt (z. B. aus einem Lager).