Höchstrichterliche Entscheidung beschränkt die Möglichkeit der Einsichtnahme in das Transparenzregister und verpflichtet die Rechtsetzung zur Nachbesserung    

In einer viel beachteten Entscheidung vom 22.11.2022 (verbundene Rechtssachen C-37/20 und C-601/20) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die unspezifische Einsichtnahme ins Transparenzregister, soweit sie gemäß Art. 30 Abs. 5 lit. c der europäischen Geldwäscherichtlinie „alle(n) Mitglieder(n) der Öffentlichkeit“ gewährt wird, für nicht statthaft erklärt. Die genannte Regelung hat der deutsche Gesetzgeber im Zuge der Umsetzung der Richtlinie im vergangenen Jahr in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Geldwäschegesetz (GwG) übernommen. Zuvor war an dieser Stelle sowohl in der Richtlinie als auch im Geldwäschegesetz vorgesehen, dass es in solchen Fällen eines berechtigten Interesses des Antragstellers an einer solchen Einsichtnahme bedarf; diese Einschränkung ist im Zuge der letzten Novellierung des Geldwäscheregimes in Richtlinie und deutschem Gesetz gestrichen worden.

Materiell geht es bei einer solchen Einsichtnahme um den geldwäschespezifischen Inhalt des Transparenzregisters – also um die dort hinterlegten Namen und Daten sog. wirtschaftlich Berechtigter. Dies sind natürliche Personen, die einen maßgeblichen Einfluss insbesondere auf juristische Personen des Privatrechts (Aktiengesellschaften und GmbHs), eingetragene Personengesellschaften (OHGs und KGs) sowie Stiftungen und Trusts haben oder dort eine vergleichbare Kontrolle ausüben – insbesondere vermittelt über die Kontrolle von mehr als 25 Prozent der Stimmrechte bzw. dem Halten entsprechender Kapitalanteile. Erst im letzten Jahr war das Transparenzregister insoweit zu einem sog. Vollregister ausgebaut worden, in das sämtliche wirtschaftlich Berechtigte der genannten Unternehmen und Organisationsformen eingetragen werden mussten (auch über Beteiligungsketten „hinweg“). Gleichzeitig war die – nunmehr vom EuGH monierte – Möglichkeit einer weitgehend unspezifischen Einsichtnahme namentlich seitens privater Personen oder Organisationen (die „Öffentlichkeit“) in der Geldwäscherichtlinie und im Geldwäschegesetz normiert worden. Dem schiebt der EuGH in seiner Entscheidung nunmehr „einen Riegel vor“ und begründet dies mit dem Schutz personenbezogener Daten und dem Eingriff in Privatrechte, wie sie von Art. 7 und 8 der Grundrechtscharta geschützt sind und nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden dürfen.

Was ist zu tun: Formal müsste nunmehr der europäische Richtliniengeber tätig werden und die monierte Vorschrift streichen oder modifizieren – was dann von den nationalen Gesetzgebern entsprechend umzusetzen wäre. Denkbar – und sehr wahrscheinlich – wäre aber auch, dass der hiesige Gesetzgeber unmittelbar tätig wird und die monierte Vorschrift des Geldwäschegesetzes einstweilen außer Kraft setzt – auch dies würde jedoch ein entsprechendes Rechtsetzungsverfahren erfordern und Zeit kosten. Daher erscheint es am Zweckmäßigsten und zudem zeitlich geboten, seitens des für die Führung des Transparenzregisters zuständigen Bundesverwaltungsamtes eine entsprechende Allgemeinverfügung oder einzelfallbezogene Verwaltungsakte zu erlassen, um auf diesem Wege zumindest unspezifische Anträge auf Einsichtnahme in das Transparenzregister bis auf Weiteres abschlägig zu bescheiden. [Anmerkung: Einer aktuellen Auskunft des Bundesverwaltungsamtes zufolge, werde ein solches behördliches Vorgehen als Reaktion auf die Entscheidung des EuGH bereits praktiziert. Dann würde faktisch die „alte“ bis 2021 geltende Rechtslage wieder „aufleben“.]

Praxistipp:
Einstweilen bleibt abzuwarten, wie der hiesige Gesetzgeber mit der veränderten Rechtslage umgeht und wie sich das Bundesverwaltungsamt nunmehr konkret verhält. Sollte das Transparenzregister nicht kurzfristig entsprechend „geschlossen“ werden/bleiben, könnten sich Personen, die als wirtschaftlich Berechtigte dort eingetragen sind, ggf. auch direkt an das Bundesverwaltungsamt wenden und dieses ersuchen, in ihrem Fall einstweilen keine (unspezifischen) Einsichtnahmen zuzulassen. – Zu beachten ist allerdings, dass eine gewisse „Entschärfung“ der Einsichtnahmen auch schon nach Maßgabe des bisherigen Rechts dem Umstand geschuldet ist, dass entsprechende Anträge an verschiedene formale Voraussetzungen geknüpft sind und grundsätzlich nur mittels elektronischem Zugang und Identitätsnachweis des Antragstellers erwirkt werden können.

Überdies ändert sich an den gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Führung des Transparenzregisters – insbesondere hinsichtlich des Erfordernisses, wirtschaftlich Berechtigte zu melden und auch spätere Veränderungen anzuzeigen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben – auf der Grundlage der Entscheidung des EuGH einstweilen nichts.
 

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