Die Verzögerung der nationalen Umsetzung der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) zur Nachhaltigkeitsberichterstattung birgt rechtliche Unsicherheiten. Adressaten des Regelwerkes sind insbesondere kapitalmarktorientierte Unternehmen und große Kapitalgesellschaften i.S.d. § 267 Abs. 3 HGB, deren Lageberichte für das Geschäftsjahr 2024 um verschiedene Aspekte der ESG- und Taxonomieregelungen zu erweitern gewesen wären und einen entsprechenden Bestätigungsvermerk des Wirtschaftsprüfers benötigt hätten.
Stand der Dinge
Obwohl eine Verpflichtung des nationalen Gesetzgebers bestand, die zugrunde liegende europäische Richtlinie (CSDR) bis Juli letzten Jahres in deutsches Recht umzusetzen und auch ein Gesetzesentwurf mit entsprechend weitreichenden Änderungen des Handelsgesetzbuchs, des Wertpapierhandelsgesetzes und der Wirtschaftsprüferordnung bereits seit Monaten vorliegt, ist das Gesetzgebungsverfahren bislang nicht zum Abschluss gekommen. Auch eine letzte Sitzungswoche des Bundestages Ende Januar ist für eine Verabschiedung nicht genutzt worden. Damit dürfte es sich nunmehr abzeichnen, dass das Gesetzgebungsverfahren nach Zusammensetzung des neuen Bundestages bzw. in der neuen Legislaturperiode ggf. erneut „gestartet“ werden müsste – wobei es dann wegen des sog. Rückwirkungsverbots aber nicht zu einer „nachträglichen Geltung“ hinsichtlich der Berichterstattung für das Geschäftsjahr 2024 kommen kann.
Neue Rechtslage nach Einschätzung des IDW
Was das vorstehende Szenario betrifft, hat das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) bereits im November letzten Jahres entsprechende Hinweise für den Fall erteilt, dass der erwartete Erlass des Umsetzungsgesetzes bis zum Jahreswechsel ausbleibt, und die Auswirkungen auf die Pflicht zur ESG-Berichterstattung für die Jahre 2024 und 2025 sowie entsprechende Prüfungsanforderungen skizziert (IDW-Schreiben). Entscheidend dürfte dabei der Hinweis sein, dass Unternehmen mit kalenderjahrgleichem Geschäftsjahr ihre Rechnungslegung für 2024 weiterhin nach der am 31.12.2024 geltenden Rechtslage – und damit noch nicht nach Maßgabe der CSRD – vorzunehmen haben. Das bedeutet, dass die schon bislang zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichteten Unternehmen – also insbesondere große haftungsbeschränkte kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie große Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen mit im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Arbeitnehmern – auch für das Jahr 2024 eine nichtfinanzielle Erklärung oder einen nichtfinanziellen Bericht nach den aktuell geltenden §§ 289b ff. HGB bzw. im Konzern nach §§ 315b ff. HGB zu erstellen haben. Hierbei sind dann die Anforderungen des Artikel 8 der EU-Taxonomie-Verordnung an die Berichterstattung einzuhalten. Andererseits besteht eine externe materielle Prüfungspflicht nicht, d.h. der Abschlussprüfer prüft lediglich „formell“ die nichtfinanzielle Berichterstattung, während andererseits dem Aufsichtsrat des berichtspflichtigen Unternehmens eine materielle Berichtspflicht obliegt, deren Wahrnehmung wiederum extern in Auftrag gegeben werden kann. Weitere Hinweise des IDW beziehen sich auf eine – ggf. freiwillige oder teilweise – Einbeziehung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) in die nichtfinanzielle Berichterstattung für das Geschäftsjahr 2024.
Ausblick
Wegen der Berichterstattung für das Jahr 2025 bleibt die weitere Entwicklung abzuwarten. In der Diskussion steht hier der Erlass einer sog. EU-Omnibusverordnung, mittels derer die CSRD-Anforderungen dann als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht ausgestaltet würden und keiner weiterer mitgliedsstaatlichen Umsetzung bedürften. Denkbar wäre auch ein (verspätetes) Tätigwerden des (neuen) hiesigen Gesetzgebers zum Zwecke der Nachholung der ausstehenden Richtlinienumsetzung. In beiden Fällen hätten die vom Anwendungsbereich der Regelwerke erfassten Unternehmen die neuen europäischen Anforderungen an die Berichterstattung erstmals im Jahre 2026 bzw. für das Geschäftsjahr 2025 einzuhalten. Unternehmen, die dabei das erste Mal mit einer entsprechenden Nachhaltigkeitsberichtserstattung konfrontiert würden, hätten hierbei einen alles in allem umfangreicheren Implementierungs- bzw. Umsetzungsaufwand zu erbringen.
Überdies dürfte dann in den Folgejahren eine stufenweise Inanspruchnahme weiterer Gesellschaften anhand derer Größe „ausgerollt“ werden. Dabei dürfte ein erster „großer Zuwachs“ von Unternehmen zu erwarten sein, wenn erstmalig auch bilanzrechtlich große Kapitalgesellschaften i.S.d. § 267 Abs. 3 HGB in den Pflichtenkreis der Nachhaltigkeitsberichterstattung einbezogen werden, wobei es dann maßgeblich darauf ankommt, ob zwei der drei Kriterien des § 267 Abs. 2 HGB (Bilanzsumme mehr als 25 Mio. Euro, Umsatzerlöse mehr als 50 Mio. Euro und mehr als 250 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt) erfüllt sind.
Praxistipp
Unternehmen, die vom Anwendungsbereich des CSRD-Regimes erfasst sind/werden, sollten sich frühzeitig mit den materiellen Anforderungen des neuen Rechts vertraut machen und insbesondere ermitteln bzw. laufend beobachten, ob sie als große Kapitalgesellschaften i.S.d. § 267 Abs. 3 HGB in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei der drei im dortigen Absatz 2 genannten Größenkriterien überschreiten, was eine entsprechende Nachhaltigkeitsberichterstattung begründen würde. Überdies sollte auch bereits frühzeitig ein Nachhaltigkeitsprüfer bestellt werden, was bei Aktiengesellschaften mittels eines Hauptversammlungsbeschlusses stattfinden müsste; hier dürfte es sich empfehlen, eine eigenständige Bestellung vorzunehmen oder im Rahmen der „gewöhnlichen“ jährlichen Bestellung des Abschlussprüfers erläuternd darauf hinzuweisen, dass dieser auch die erforderliche Nachhaltigkeitsprüfung übernehmen wird. Es dürfte damit zu rechnen sein, dass hierbei als Nachhaltigkeitsprüfer sowohl der (entsprechend qualifizierte) Abschlussprüfer als auch ein anderer Wirtschaftsprüfer in Betracht kommt.