Im Juli dieses Jahres ist das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) in Kraft getreten. Wesentliche Übergangsvorschriften des neuen Rechts laufen nunmehr bereits im Dezember aus. Damit einher gehen eine Ausweitung des personellen Anwendungsbereiches des Gesetzes und vermehrte organisatorische Anforderungen an die betreffenden Unternehmen.

Das neue Recht in Kürze
Wesentliches Anliegen des Gesetzes ist die Gewährleistung eines wirksamen Schutzes von Personen, die Rechtsverstöße melden. Damit vollzieht sich eine europaweite Vereinheitlichung der rechtlichen Rahmenbedingungen im Bereich des sog. Whistleblowing. Bislang waren Hinweisgeber nur eingeschränkt vor Repressalien, Mobbing oder Kündigungen geschützt, und nur wenige Unternehmen waren verpflichtet, entsprechende Meldestellen einzurichten und organisatorische Maßnahmen vorzuhalten. Das neue Recht erweitert den gesetzlichen Schutzbereich für Hinweisgeber (insbesondere Arbeitnehmer, Beamte, Selbständige, Gesellschafter, Mitarbeiter von Lieferanten, Praktikanten, ausgeschiedene Mitarbeiter) nicht unerheblich. Dieser Schutzbereich ist regelmäßig dann eröffnet, wenn Personen in ihrem beruflichen Umfeld (privater und öffentlicher Sektor) Rechtsverstöße wahrnehmen und diese gesetzeskonform offenlegen.

Insbesondere für private Beschäftigungsgeber besteht dabei die Pflicht zur Errichtung und Bereitstellung sog. interner Meldestellen, die von Hinweisgebern zur Abgabe ihrer Meldungen genutzt werden können. Diese Meldestellen können direkt beim jeweiligen Beschäftigungsgeber eingerichtet oder auch durch externe Dritte (häufigster Fall sind hiermit betraute Rechtsanwälte und Compliance-Berater) bereitgestellt werden. Gehen auf diesem Wege Meldungen von Hinweisgebern bei einer internen Meldestelle ein, sind die betreffenden Meldungen (auch anonyme Hinweise) entsprechend zu prüfen, zu bearbeiten bzw. die in Rede stehenden Vorwürfe zu verfolgen und dem Hinweisgeber gewisse Rückmeldungen zu erteilen; daneben bestehen Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten. Eingerichtete interne Meldestellen haben überdies entsprechende Meldekanäle vorzuhalten, über die Hinweisgeber ihre Informationen offen oder anonym in mündlicher oder schriftlicher Form bereitstellen können.

Beendigung der Übergangsfristen – jetzt gilt’s!
Bislang sah das neue Recht eine Pflicht zur Einrichtung der genannten Meldestellen lediglich für Unternehmen mit regelmäßig 250 oder mehr Beschäftigte vor. Diese Schwelle wird nunmehr ab dem 17. Dezember 2023 auf 50 Beschäftigte herabgesetzt. Damit erstrecken sich die diesbezüglichen organisatorischen Anforderungen sodann auf zahlreiche weitere Unternehmen. Und auch für Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten gilt das neue Recht als solches – lediglich mit Ausnahme der Pflicht zur Implementierung der genannten internen Meldestellen. Auch soweit man es mit Unternehmen im Bereich des Bank-, Börsen- und Versicherungswesens sowie des Wertpapierhandels zu tun hat, greift für diese das neue Recht umfänglich bereits „vom ersten Mitarbeiter an“, so dass auch hier stets entsprechende interne Meldestellen einzurichten oder bereits implementierte Maßnahmen mit den Anforderungen des neuen Rechts abzugleichen sind.

Weiterhin läuft Anfang Dezember auch die Übergangsregelung aus, wonach fehlende Implementierungsmaßnahmen einstweilen noch nicht sanktioniert bzw. mit einem Bußgeld geahndet werden konnten.

Praxistipp
Das Thema ist vielschichtig, und die organisatorischen Anforderungen, die das neue Gesetz für Beschäftigungsgeber insbesondere im Zusammenhang mit der Bereitstellung interner Meldestellen und angemessener Meldekanäle mit sich bringt, sind nicht zu unterschätzen. Insoweit sollten Beschäftigungsgeber, für die die Übergangsregelungen ab Dezember wegfallen, nunmehr mit den notwendigen Implementierungsmaßnahmen beginnen. Und auch Beschäftigungsgeber, die unterhalb der genannten Schwelle von 50 Mitarbeitern liegen und formal keine entsprechenden internen Meldestellen einzurichten bräuchten, sind dennoch gehalten, den Umgang mit eingehenden Verdachtshinweisen ihrer Mitarbeiter hinreichend rechtssicher und praktikabel auszugestalten. Auch der internen Mitarbeiterschulung kommt insoweit eine erhebliche Bedeutung zu.

Zu bedenken ist überdies, dass die Anforderungen und Rechtsfolgen des Hinweisgeberschutzgesetzes nicht isoliert gelten und vielfach weitere materielle Regelungen aus den Bereichen des Arbeits- und des Datenschutzrechts ins Kalkül zu ziehen sind. Auch eine Einbeziehung ausländischer Unternehmensteile und Betriebsstätten ist im Rahmen der Umsetzung der neuen gesetzlichen Anforderungen zu berücksichtigen.

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