Gerade bei Führungskräften ist die Teilnahme an virtuellen Aktienoptionsplänen häufig ein begehrter Vergütungsbestandteil. Nicht abschließend entschieden war bis jetzt, ob der Wert solcher Optionen sich auch auf die Berechnung der Karenzentschädigung im Fall eines vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbots auswirkt. Nun hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt: Entscheidend für die Beurteilung ist, wann die Aktienoptionen ausgeübt wurden. Die Entscheidung ist damit gleichermaßen für Führungskräfte und Unternehmen bedeutsam.

Der Fall: Vesting von Aktienoptionen im Arbeitsverhältnis und danach

In dem der aktuellen Entscheidung des BAG, die bislang erst als Pressemitteilung vorliegt (27. März 2025 - 8 AZR 63/24), zugrunde liegenden Fall ging es um einen mit Hilfstätigkeiten betrauten Mitarbeiter eines Zeitarbeitsunternehmens. Eine Führungskraft war ab dem 1. Oktober 2019 bei ihrem Arbeitgeber mit einem festen Bruttojahresentgelt von 100.000,00 Euro beschäftigt gewesen. Zwischen den Parteien war ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot i.S.v. §§ 74 ff. HGB vereinbart. Der Arbeitgeber teilte der Führungskraft virtuelle Aktienoptionen zu, die grundsätzlich keinen Anspruch auf Übertragung von Aktien, sondern auf eine Zahlung in Geld begründeten. Die virtuellen Optionsrechte mussten zunächst durch Arbeitsleistung während einer „Vesting Period“ über einen Zeitraum von bis zu vier Jahren schrittweise „erdient“ werden. Nach Ablauf der „Vesting Period“ konnten die Optionen unter der Voraussetzung ausgeübt werden, dass ein Ausübungsereignis in Form eines Share Deals, Asset Deals oder eines Börsengangs eintrat. Nach dem Eintritt eines solchen Ereignisses im September 2021 übte die Führungskraft bereits erdiente („gevestete“) Optionsrechte aus, welche der Arbeitgeber im Oktober 2021 mit EUR 161.394,79 brutto abrechnete. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund Aufhebungsvertrags zum 30. Juni 2022. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses übte die Führungskraft sodann weitere Optionsrechte aus, die der Arbeitgeber im Oktober 2022 mit 17.706,32 Euro brutto abrechnete.

BAG: Der Zeitpunkt der Ausübung ist entscheidend

Das BAG entschied, dass virtuelle Aktienoptionen in die Berechnung der Karenzentschädigung für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot einfließen müssen, wenn sie während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ausgeübt wurden. Der Senat stellte klar, dass die während des Arbeitsverhältnisses erbrachten Leistungen aus dem Programm über virtuelle Aktienoptionen zu den zuletzt bezogenen "vertragsmäßigen Leistungen" gemäß § 74 Abs. 2 HGB gehörten. Diese stellten eine Gegenleistung für die Arbeitsleistung dar und seien bei der Berechnung der Karenzentschädigung nach § 74b Abs. 2 HGB mit dem Durchschnitt der letzten drei Jahre oder der Dauer des Bestehens der maßgebenden Vertragsbestimmung – hier also 33 Monate - anzusetzen. Optionen, die nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden, hätten indes, so der Senat, unberücksichtigt zu bleiben, da sie nicht unter die besagten zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen fielen und folglich auch nicht in die Karenzentschädigung einzurechnen seien. 

Praxisfolgen

Die Teilnahme von Führungskräften am wirtschaftlichen Erfolg des Arbeitgebers ist ein in der Praxis beliebtes und häufig für beide Seiten lohnenswertes Anreizinstrument. Künftig sollten die Parteien im Blick behalten, wann genau virtuelle Aktienoptionen ausgeübt werden – denn nur für den Fall, dass dies noch im laufenden Arbeitsverhältnis erfolgt, fließt ihr Wert (anteilig auf den monatlichen Durchschnittswert im maßgeblichen Zeitraum nach § 74b Abs. 2 HGB berechnet) in die Berechnung der Karenzentschädigung ein.

Die Entscheidung des 8. Senats des BAG erging nur wenige Tage nach einem Urteil des 10. Senats, der ebenfalls in Bezug auf virtuelle Aktienoptionsrechten entschieden hatte, dass AGB-Klauseln, die den Verfall von bereits „gevesteten“ Optionen vorsehen, wenn Mitarbeitende aufgrund einer Eigenkündigung aus dem Unternehmen ausscheiden, im Einzelfall unwirksam sein können. Ob dies das Ende der „Good- bzw. Bad-Leaver“-Unterscheidung in vielen üblichen Vertragsmuster markiert, wird mit Spannung abzuwarten sein.

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