Stimmrechtsberechtigte Aktionäre börsennotierter Gesellschaften haben im Falle des Erreichens, Über- oder Unterschreitens von Stimmrechtsschwellen Mitteilungen gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (BaFin) und der börsennotierten Gesellschaft (Emittentin) zum Zwecke der Veröffentlichung abzugeben. Üben Aktionäre ihre Stimmrechte an der Emittentin gemeinschaftlich aus oder agieren diese anderweitig gemeinsam, löst dies vielfach mitteilungspflichtige Zurechnungstatbestände aus. 

Das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) normiert in §§ 33 und 34 eine Pflicht zur Abgabe von Stimmrechtsmitteilungen u. a. in Fällen der gemeinsamen Einflussnahme durch mehrere Aktionäre sowie für Stimmrechte, die einem Tochterunternehmen gehören. Typischer Fall der gemeinsamen Einflussnahme ist eine – nicht nur einzelfallbezogene – Vereinbarung mehrerer Aktionäre im Sinne eines abgestimmten Verhaltens zum Zwecke der gemeinschaftlichen Ausübung ihrer Stimmrechte in Bezug auf die Emittentin oder ein sonstiges Zusammenwirken mit dem Ziel einer nachhaltigen Einflussnahme auf die unternehmerische Ausrichtung der Emittentin. In solchen Fällen („acting in concert“) werden die Stimmrechte der einzelnen Aktionäre an der Emittentin einander in vollem Umfang gegenseitig zugerechnet und es ist anhand der ermittelten Summe zu prüfen, ob hierbei bestimmte Stimmrechtsschwellen (niedrigste Schwelle: 3 % der Stimmrechte) erreicht oder überschritten sind und eine entsprechende Mitteilungspflicht für die betreffenden Aktionäre besteht.

Einen weiteren Zurechnungstatbestand normiert das Gesetz für Stimmrechte, „die einem Tochterunternehmen des Meldepflichtigen gehören“ – wobei Tochterunternehmen typischerweise Gesellschaften sind, an denen eine Stimmrechtsmehrheit besteht oder auf die anderweitig ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann. Erlangt beispielsweise Aktionär A einer Emittentin B die Mehrheit der Gesellschaftsanteile an einer C-GmbH, würden etwaige Stimmrechte der C-GmbH an der Emittentin dem Aktionär A zusätzlich zu dessen eigenen Stimmrechten an der Emittentin zugerechnet bzw. mit diesen zusammenaddiert werden und ggf. eine erstmalige oder weitere Stimmrechtsmitteilung auslösen. Diese zugerechneten Stimmrechte der C-GmbH wären mithin auch mit zu berücksichtigen, wenn Aktionär A wiederum mit anderen Aktionären der Emittentin ein acting in concert vereinbaren bzw. betreiben würde (namentlich Eingehung eines Pool- bzw. Stimmrechtsbindungsvertrages).

Etwas diffiziler wird der Fall bei zwei (oder mehreren) Aktionären einer Emittentin, die gemeinsam Gesellschafter an einer GmbH sind: Hat dort keiner von Ihnen die alleinige Mehrheit an den Gesellschaftsanteilen bzw. Stimmrechten und wird auch ansonsten kein alleiniger beherrschender Einfluss ausgeübt, stellt sich die Frage, ob ein gemeinschaftlich beherrschender Einfluss auf die GmbH eine Zurechnung der Stimmrechte der GmbH an der Emittentin auf diese Aktionäre auslöst. Sind beispielsweise zwei Aktionäre alleinige Gesellschafter der GmbH mit paritätischer Beteiligung (50:50), besteht regelmäßig kein faktischer Einigungszwang, so dass es bei anstehenden Gesellschafterbeschlüssen zu einer Pattsituation kommen kann und einzelne Gesellschafterbeschlüsse daher ggf. auch nicht gefasst werden. Hier wird man nicht von einer Beherrschung der GmbH und mithin auch keiner Zurechnung der Stimmrechte der GmbH an der Emittentin auf die betreffenden Aktionäre ausgehen können. Anders sieht es aus, wenn es neben den betreffenden Aktionären einen größeren Gesellschafterkreis bei der GmbH gibt, sie dort aber zusammen die Mehrheit der Anteile bzw. Stimmrechte halten und sich bei Beschlussfassungen abstimmen – also zwar nicht allein, aber gemeinsam einen beherrschenden Einfluss auf die GmbH haben. Hier kommen in entsprechender Anwendung die von der Rechtsprechung im Bereich des Aktienrechts entwickelten Grundsätze zur sog. Mehrmütterherrschaft zum Tragen, wonach mehrere gleichgeordnete Unternehmen gemeinsam ein anderes Unternehmen beherrschen können, sei es im Rahmen eines sog. Gleichordnungskonzerns, mittels vertraglich vereinbarter einheitlicher Stimmrechtsabgabe oder auf der Grundlage sonstiger tatsächlicher Verhältnisse, wie beispielsweise einer Personenidentität der Leitungsorgane. Einschränkend greift hier lediglich der Umstand, dass die gemeinschaftliche Beherrschung nicht lediglich zufällig auftreten darf, sondern vielmehr „auf ausreichend sicherer Grundlage von vornherein und beständig gesichert“ sein müsse. Überträgt man eine solche Mehrmütterherrschaft auf den Fall mehrerer natürlicher Personen als Aktionäre einer Emittentin, die einen entsprechend beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen haben (regelmäßig: dortige Poolung einer Mehrheit von Gesellschaftsanteilen), das ebenfalls Stimmrechte an der Emittentin hält, so wird man die Stimmrechte dieses Unternehmens jedem der gemeinschaftlich beherrschenden Gesellschafter als Aktionäre der Emittentin in vollem Umfang zuzurechnen haben. Obwohl diese Art der Zurechnung bei gemeinsamer Beherrschung eines nachgeordneten Unternehmens durch mehrere Aktionäre einer Emittentin kapitalmarktrechtlich nicht ausdrücklich vorgesehen ist, lässt auch die Verwaltungspraxis der BaFin keinen Zweifel an einer entsprechend weit gefassten Stimmrechtszurechnung.

Praxistipp
Fälle der genannten Art einer gemeinschaftlichen Beherrschung nachgeordneter Unternehmen durch einzelne Aktionäre einer Emittentin und etwaige Stimmrechtszurechnungen auf die betreffenden Aktionäre bedürfen stets der Einzelfallbetrachtung – und auch einer frühzeitigen Ermittlung und rechtlicher Bewertung des genauen Sachverhalts nebst ggf. prophylaktischer Abstimmung mit der BaFin. Zu bedenken sind hierbei insbesondere auch die generell deutlich restriktiver gewordenen aufsichtsrechtlichen Anforderungen sowie ein mittlerweile erheblich verschärftes gesetzliches Sanktionsregime. Besondere Vorsicht geboten ist überdies im Falle der Erreichung eines Stimmrechtsanteils von 30 % oder mehr an einer Emittentin – sei es mittels unmittelbar gehaltener eigener, sei es über eigene und zugerechnete Stimmrechte. Hier liegt eine sog. Kontrollerlangung i.S.d. Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) vor, wodurch die verbindliche Abgabe eines sog. Pflichtangebots an sämtliche außenstehende Aktionäre der Emittentin zum Erwerb deren Aktien ausgelöst wird.

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