Eingezogene Geschäftsanteile, deren Nennwert bei den übrigen Gesellschaftsanteilen einer GmbH zugeschrieben wurde, können nicht gutgläubig erworben werden.

Gemäß § 16 Abs. 3 S. 1 GmbHG ist es möglich, einen GmbH-Anteil von jemandem zu erwerben, der selbst nicht tatsächlicher Inhaber dieses GmbH-Anteils ist. Voraussetzung dafür ist, dass der Veräußerer „als Inhaber des Geschäftsanteils“ in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste eingetragen ist. Dennoch ist die praktische Bedeutung der Vorschrift gering. Denn § 16 Abs. 3 S. 3 GmbHG schränkt die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs von GmbH-Anteilen zugleich wieder ein. Demnach ist ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen, wenn dem Erwerber die mangelnde Berechtigung des Veräußerers bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist oder der Gesellschafterliste ein Widerspruch zugeordnet ist.

Die Zuordnung eines Widerspruchs kann derjenige, zu dessen Nachteil eine Eintragung in die Liste vorgenommen wurde, gemäß § 16 Abs. 3 S. 4 GmbHG aufgrund einer einstweiligen Verfügung selbst veranlassen, und so den Gutglaubensschutz eines Dritten selbst zerstören.

Die Zulässigkeit eines solchen Widerspruchs war nun Gegenstand eines Beschlusses vom Kammergericht Berlin (KG, Beschluss v. 07.09.2023 – 23 U 41/23). Diesem war vorausgegangen, dass die Geschäftsanteile des die Zuordnung beantragenden Gesellschafters durch die Gesellschafterversammlung gegen dessen Willen eingezogen werden sollten.

Werden Geschäftsanteile an einer Gesellschaft eingezogen, verlieren diese mit der Einziehung ihre Existenz und deren Nennwert wird regelmäßig quotal auf die verbleibenden Geschäftsanteile verteilt (sog. Aufstockung). Die ursprüngliche Gesellschafterliste wird u.a. infolge der Veränderung der Nennwerte der Geschäftsanteile unrichtig und die Geschäftsführer sind gehalten, eine korrigierte Gesellschafterliste zum Handelsregister einzureichen. So war es in dem zur Entscheidung vorliegenden Fall auch geschehen.

Da der von der Einziehung betroffene Gesellschafter den Einziehungsbeschluss und die Amortisation seiner Anteile für unwirksam hielt, beantragte dieser die Zuordnung eines Widerspruchs zu der neuen Gesellschafterliste gem. § 16 Abs. 3 S. 3 GmbHG.

Entscheidung des Kammergerichts 
Das Kammergericht Berlin versagte dem Kläger jedoch die Möglichkeit der Zuordnung eines Widerspruchs, da ein gutgläubiger Erwerb der verbliebenen Geschäftsanteile mit den – dann aufgestockten – Nennbeträgen schon aus rechtlichen Gründen ausscheide. Eine Verfügung oder ein sonstiges dingliches Rechtsgeschäft über diese Anteile sei folglich unmöglich. Der von der Einziehung betroffene Gesellschafter müsse somit keinen weiteren Verlust seiner Anteile befürchten. Der Widerspruch liefe daher ins Leere.

Entscheidungsleitend war dabei für das Kammergericht, dass die in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschafter im Fall einer unwirksamen Einziehung nicht zu (Teil-)Nichtberechtigten werden. Denn die Fehlerhaftigkeit der Gesellschafterliste ergebe sich nicht aus der Inhaberschaft der Anteile, sondern allein im Hinblick den Nennwert dieser. Der Nennwert der Geschäftsanteile sei jedoch vom Gutglaubensschutz der Gesellschafterliste ohnehin nicht erfasst. Vielmehr müsse sich ein Erwerber vor Erwerb der Geschäftsanteile durch die Analyse der Historie der Gesellschafterlisten selbst vor einem "unerkannt verbliebenen Mitgesellschafter" schützen und könne sich insofern nicht auf den Gutglaubensschutz des § 16 Abs. 3 GmbHG berufen.

Rechtliche Einordnung & Praxisauswirkungen
Die Entscheidung erscheint aus rechtlicher Sicht durchaus als problematisch, da ein unwirksam eingezogener Geschäftsanteil gerade nicht erloschen ist, sondern in Wahrheit weiter existiert. Zwar nahm das Gericht an, dass der von der Einziehung betroffenen Gesellschafter gegen die Einziehung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgehen und insofern beantragen kann, bis zur Entscheidung in der Hauptsache über die Rechtmäßigkeit der Einziehung als Gesellschafter behandelt zu werden. Auf die Richtigkeit der Gesellschafterliste hat dieser jedoch keine Auswirkungen. Insbesondere verkennt das KG den besonderen Vertrauensschutz in die Gesellschafterliste, den § 16 Abs. 3 GmbHG statuiert.

Anders als vom KG angenommen, fände ein Widerspruch in einer solchen Situation seine Berechtigung daher nicht in der Existenz oder Nichtexistenz der betroffenen Geschäftsanteile, sondern in der Berechtigung der übrigen Gesellschafter an der Gesellschaft. Denn die anteilige Mehrbeteiligung der verbliebenen Gesellschafter wurde nur vermeintlich zu Lasten des vermeintlich ausgeschlossenen Gesellschafters erhöht. Die verbleibenden Gesellschafter sind damit zwar keine Nichtberechtigen, jedenfalls aber sog. Nicht-So-Berechtigten.

Die Entscheidung des Kammergerichts schränkt den ohnehin schon sehr engen Anwendungsbereich des § 16 Abs. 3 GmbHG damit weiter ein. Ein Erwerber von Geschäftsanteilen kann sich damit insbesondere nicht mehr auf die in der Gesellschafterliste deklarierten Nennbeträge verlassen, und zwar auch dann nicht, wenn die Gesellschafterliste in sich stimmig ist. Die Entscheidung läuft damit einerseits der Transaktionssicherheit erheblich zuwider und unterstreicht andererseits die Bedeutung der gesellschaftsrechtlichen Chain of Title Prüfung im Rahmen einer Käufer-Due-Diligence. 

Unter Mitarbeit: Philipp Hesprich
 

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