Hinter dem Begriff „Künstliche Intelligenz“ verbergen sich Algorithmen d.h. Problemlösungsverfahren, die ohne die vollständige Programmierung der Teilhandlungen auskommen. Die lernenden Systeme nehmen durch Rückkopplung Modellanpassungen vor und können hierdurch auf der Grundlage von Daten selbständig Lösungswege entwickeln.

Allgemeine Voraussetzungen für die Aktivierung von immateriellen Vermögensgegenständen ist zum einen die Einzelverwertbarkeit und zum anderen das wirtschaftliche Eigentum, sprich es ist notwendig, dass das bilanzierende Unternehmen über den Vermögensgegenstand frei verfügen kann. Das Kriterium der Einzelverwertbarkeit ist gegeben, wenn der Vermögensgegenstand abstrakt übertragen und in einen monetären Wert transformiert werden kann. Dies ist grundsätzlich trotz des Spezialisierungsgrads von künstlicher Intelligenz anerkannt. Verfügungsmacht und damit wirtschaftliches Eigentum liegt dann vor, wenn die künstliche Intelligenz auf eigenen Rechenressourcen betrieben wird. Dieses Aktivierungskriterium ist beispielsweise dann nicht erfüllt, wenn ein Software-as-a-Service- (SaaS) Vertrag mit einem externen Anbieter abgeschlossen wurde und die Daten in einer öffentlichen Cloud liegen, die von Anbieter verwaltet und gesteuert wird.

Zudem muss insbesondere bei selbsterstellter künstlicher Intelligenz zwischen nicht aktivierungsfähigen Forschungskosten und aktivierungsfähigen Entwicklungskosten unterschieden werden. Zur Abgrenzung bedarf es einer Ermessensentscheidung des Unternehmens, da es sich bei der Entwicklung von künstlicher Intelligenz um einen iterativen Prozess handelt. Entwicklungstätigkeit liegt unbestritten bei Verwendung von bestehenden algorithmischen Verfahren vor, da bereits vorhandenes Wissen zur Anwendung kommt. Wenn Algorithmen zur Erschließung der praktischen Verwertbarkeit verwendet werden, dann fällt dies zweifelsfrei in den Bereich Forschung.

Fraglich ist, welche Kosten im Einzelnen aktiviert werden können:

Nach herrschender Literaturmeinung sind Kosten der Annotation von Trainingsdaten, des Trainierens erworbener künstlicher Intelligenz-Modelle sowie Kosten des Testens der künstlichen Intelligenz vor Inbetriebnahme aktivierungsfähig. Dabei kann es sich sowohl um interne als auch um externe Personalkosten von Entwicklern handeln. Weiterhin sind Kosten der Rechenleistung auf eigener Hardware aktivierungsfähig. Hingegen besteht ein Aktivierungsverbot bei Kosten der Mitarbeiterschulung und der Identifizierung des Use-Cases und bei Kosten der Entwicklung eines Anforderungsprofils und der zugehörigen Datenauswahl.

Der Beginn der Abschreibung ist dann gegeben, wenn die künstliche Intelligenz sich in einem betriebsbereiten Zustand befindet. Dies ist nach herrschender Meinung dann der Fall, wenn die Trainingsphase abgeschlossen ist. Maßstab dafür könnte die Höhe der Fehlerquote sein.

Die Nutzungsdauer und damit der Abschreibungszeitraum könnte sich z.B. an folgenden Kriterien orientieren:

  • Datenverfügbarkeit zwecks Aktualisierung des Modells der künstlichen Intelligenz
  • Überalterung von Hardware zur Bereitstellung zweckdienlicher Rechenleistungen
  • Verfügbarkeit leistungsfähiger Modelle von künstlichen Intelligenz
  • Wegfall des für den Einsatz von künstlicher Intelligenz spezifischen Use-Case.

Falls sich für selbst erstellte künstliche Intelligenz eine Nutzungsdauer nicht verlässlich bestimmen lässt, sieht § 253 Abs.3 Satz 3 HGB eine planmäßige Abschreibung über 10 Jahre vor.

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