Kooperationen auf technischem Gebiet enden leider häufig damit, dass einer der beiden Kooperationspartner die gemeinsame Entwicklung alleine im eigenen Namen zum Patent anmeldet. Nicht selten basiert dies auf unterschiedlichen Wahrnehmungen, welche Beiträge die Kooperationspartner bzw. deren Arbeitnehmer zu der technischen Entwicklung tatsächlich erbracht haben. Häufig fehlt es auch an vertraglichen Absprachen darüber, wie mit gemeinsamen Erfindungen umzugehen ist.
Wem steht das Recht an einer Erfindung zu?
Gibt es keine abweichende vertragliche Vereinbarung zwischen den Kooperationspartnern, stehen Erfindungen grundsätzlich demjenigen Kooperationspartner zu, der die Erfindung gemacht hat bzw. dessen Arbeitnehmer die Erfindung im Rahmen ihres Beschäftigungsverhältnisses gemacht haben, so dass die Rechte daran nach dem Arbeitnehmererfindungsgesetz auf ihn übergegangen sind. Gemeinsame Erfindungen stehen beiden Kooperationspartnern zu, wenn diese bzw. ihre an der Erfindung beteiligten Arbeitnehmer als Miterfinder anzusehen sind (§ 6 Patentgesetz).
Miterfinder ist, wer an der Entwicklung einen schöpferischen Anteil hatte. Ein solcher schöpferischer Anteil erfordert nicht, dass der Miterfinder etwas zum „Kern“ der Erfindung beigetragen hat. Der Beitrag muss auch als solcher nicht patentfähig sein, sondern kann in der Anregung bestehen, aus dem Stand der Technik bekannte Mittel zu verwenden (siehe dazu zuletzt: BGH, Urteil vom 26. Juli 2022 – X ZR 1/21). Entscheidend ist, ob der Beitrag zusammen mit den Beiträgen der übrigen Miterfinder notwendig war, um die technische Problemstellung zu lösen, die der Erfindung zugrunde liegt. Die Frage lautet also nicht: Wäre dem Miterfinder für seinen Beitrag ein Patent zuerkannt worden? Sondern die Frage lautet vielmehr: Funktioniert die Erfindung auch ohne den Beitrag des Miterfinders? Nur wenn letzteres verneint werden muss, liegt kein patentrechtlich relevanter Beitrag zu der Erfindung vor. Über die Höhe der jeweiligen Anteile entscheidet die Bedeutung der jeweiligen Beiträge. Im Zweifel sind gleiche Anteile nach Kopfzahl anzunehmen.
Der Miterfinderanteil berechtigt die Miterfinder dazu, die Erfindung jeweils für die Zwecke des eigenen Betriebs zu nutzen. Eine darüber hinausgehende Nutzung, insbesondere die Lizenzvergabe an Dritte als auch die Übertragung des gesamten Patents an Dritte, setzt regelmäßig den vorherigen Abschluss einer Nutzungs- und Verwertungsvereinbarung zwischen den Miterfindern voraus.
Was kann man tun, wenn der andere Kooperationspartner eine Entwicklung unberechtigt zum Patent angemeldet hat?
Meldet ein Kooperationspartner ohne dazu berechtigt zu sein, die gemeinsame Erfindung oder gar die Erfindung des anderen Kooperationspartners im eigenen Namen zum Patent an, stehen dem um sein Erfinderrecht geprellten Kooperationspartner zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Einspruch gemäß § 21 Abs. 1 Nr. 3 Patentgesetz oder die sog. Vindikationsklage nach § 8 Patentgesetz.
Der Einspruch ist nur gegen ein bereits erteiltes Patent (d. h. nicht gegen eine Patentanmeldung) möglich und hat nur Erfolg, wenn die Erfindung dem Einsprechenden vollständig zusteht. Bei einer gemeinsamen Erfindung greift dieser Rechtsbehelf also nicht. Mit ihm kann zudem keine Übertragung des Patents verlangt werden, sondern vielmehr führt der erfolgreiche Einspruch zur Vernichtung des Patents. Es steht dann dem Einsprechenden frei, binnen eines Monats seinerseits die Erfindung zum Patent anzumelden (§ 7 Abs. 2 Patentgesetz).
Mit der Vindikationsklage nach § 8 Patentgesetz kann der Berechtigte die Abtretung einer Patentanmeldung oder, wenn das Patent bereits erteilt ist, die Übertragung des Patents auf ihn verlangen. Liegt eine gemeinsame Erfindung vor, kann mit der Vindikationsklage nur die Einräumung eines Miterfinderanteils verlangt werden. Die Vindikationsklage kann innerhalb von zwei Jahren nach der Veröffentlichung der Erteilung des Patents geltend gemacht werden. War der Anmelder bösgläubig, ist dies auch noch zu einem späteren Zeitpunkt möglich.
Praxistipp
Vor Beginn einer technischen Kooperation sollte in jedem Falle eine Geheimhaltungsvereinbarung (engl. Non-Disclosure Agreement) abgeschlossen werden. Idealerweise wird darin bereits geregelt, wem Rechte an dem von den Kooperationspartnern jeweils zur Verfügung gestellten Know-how sowie an gemeinsamen technischen Entwicklungen zustehen. Während der Kooperation gemachte Entwicklungsbeiträge sollten möglichst umfassend dokumentiert werden: durch Einträge in Laborbüchern und ähnlichen Aufzeichnungen, Besprechungsprotokollen, E-Mails usw. Denn im Vindikationsverfahren gilt der in der Patentrolle eingetragene Anmelder des Patents als dazu berechtigt. Der Kläger, der die Übertragung des Patents oder eines Miterfinderanteils verlangt, muss beweisen, dass er an der Entwicklung einen wesentlichen Anteil hatte.
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