Nachzuweisende Vertragsbedingungen
Die in jedem Einzelfall nachzuweisenden wesentlichen Vertragsbedingungen regelt § 2 NachwG-Neu, u.a. die vereinbarte Arbeitszeit, die Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts usw. Sofern dem Mitarbeitenden ein schriftlicher Arbeitsvertrag ausgehändigt wurde bzw. wird, der alle in § 2 NachwG-Neu vorgeschriebenen wesentlichen Vertragsbedingungen enthält, entfällt nach Maßgabe von § 2 Abs. 5 NachwG-Neu die gesonderte Nachweispflicht. Nach unserer Erfahrung fehlen in den abgeschlossen Arbeitsverträgen und den Vorlagen für neue Arbeitsverträge zumindest die Angaben zum Kündigungsverfahren, insbesondere der Hinweis auf die Klagefrist nach § 4 KSchG (siehe hierzu der Blogbeitrag von Dr. Christian Hoppe und Esra Karagün Neufassung des Nachweisgesetzes: Handlungsbedarf bei Muster-Arbeitsverträgen ab dem 01.08.2022).
Handlungsbedarf in jedem Unternehmen
Es besteht somit reichlich Handlungsbedarf wegen der Gesetzesreform, die wir im Einzelnen am 07.07.2022 in unserem kostenfreien Webinar Spotlight Arbeitsrecht – Reform des Nachweisgesetzes vorgestellt haben. Die Präsentationsunterlage steht zum Nachlesen hier zum Download zur Verfügung.
In vielen Fällen werden Arbeitgeber die geänderten Nachweispflichten durch eine Ergänzung des Arbeitsvertrages erfüllen können, sofern ein schriftliches Exemplar des Arbeitsvertrages dem Arbeitnehmer ausgehändigt wird. Dies gilt insbesondere bei geplanten Neueinstellungen. Werden Arbeitsverträge nur digital mittels elektronischer Signatur geschlossen, reicht dies nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch nicht aus; die elektronische Form des Nachweises der wesentlichen Vertragsbedingungen hat der Gesetzgeber ausdrücklich ausgeschlossen (vgl. § 2 Abs. 1 S. 4 NachwG-Neu). In bestehenden Arbeitsverhältnissen ist eine Vertragsänderung nur zur Erfüllung der Nachweispflichten dagegen nicht praktikabel, weil sie die Zustimmung des Arbeitnehmers erfordert.
Muster-Informationsschreiben als kostenfreier Download
In einigen Fällen werden Arbeitgeber daher zur Erfüllung der Nachweispflichten auf ein einseitiges Informationsschreiben zurückgreifen müssen oder wollen. Will man dem gesetzlichen Ziel, mehr Transparenz bei den Vertragsbedingungen zu schaffen, zum Erfolg verhelfen, bietet sich ein solches Informationsschreiben ohnehin an. Nur so lassen sich die teilweise überfrachteten und seitenlangen Arbeitsverträge, die an sich nur die Rechte und Pflichten regeln sollen, kürzer fassen und kann vermieden werden, dass durch ungeschickte Formulierungen Ansprüche von Arbeitnehmern begründet oder Ermessensspielräume des Arbeitgebers eingeschränkt werden.
Ein Muster für ein einseitiges Informationsschreiben haben wir hier zum kostenlosen Download zur Verfügung gestellt. Das Muster muss in jedem Einzelfall individualisiert werden. Zudem muss die Rechtsprechungsentwicklung beobachtet werden, die eine Anpassung erforderlich machen kann. Das Muster ersetzt zudem keine Rechtsberatung im Einzelfall, sondern dient der Veranschaulichung und als Arbeits- und Formulierungshilfe. In dem Muster müssen nicht sämtliche Vertragsbedingungen wiederholt werden, sondern es kann insoweit gekürzt werden, wenn die nachzuweisenden Vertragsbedingungen bereits in dem schriftlichen Arbeitsvertrag enthalten sind. Ferner wird in vielen Fälle ein schlichter Verweis auf die jeweils konkret geltende Betriebsvereinbarung oder den Tarifvertrag möglich sein. Eine Individualisierung des Musters ist somit unumgänglich. Bei Fragen zu den Nachweispflichten steht unser 15-köpfiges Esche-Arbeitsrechtsteam gerne zur Verfügung.
Praxishinweis: Unterzeichnung und Empfangsbestätigung
Ändern sich wesentliche Vertragsbedingungen i.S.d. § 2 NachwG, die arbeitsvertraglich vereinbart wurden, muss dies dem Mitarbeitenden spätestens am ersten Tag ihres Wirksamwerdens mitgeteilt werden (vgl. § 3 S. 1 NachwG-Neu). Das einseitige Informationsschreiben muss vom Arbeitgeber bzw. einer vom Arbeitgeber bevollmächtigten Person eigenhändig unterzeichnet und dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden. Ein Nachweis der Bevollmächtigung ist nicht erforderlich. Vorsorglich empfehlen wir, den Zugang des Informationsschreibens beim Arbeitnehmer durch eine Empfangsbestätigung nachzuhalten. Bei Arbeitsverhältnissen, die vor dem 01.08.2022 bereits bestanden haben, muss der Nachweis der Vertragsbedingungen durch das Informationsschreiben oder eine Vertragsergänzung nur auf Verlangen des Arbeitnehmers erfolgen (vgl. § 5 NachwG-Neu).
Weiterführende Links:
Neufassung des Nachweisgesetzes: Handlungsbedarf bei Muster-Arbeitsverträgen ab dem 01.08.2022