Krude Thesen über Hitler? Kalifatsforderungen auf Social-Media? Arbeitnehmer, die sich mit ihren extremen politischen Meinungen nicht zurückhalten, können das Betriebsklima vergiften und das Image des Arbeitgebers erheblich beschädigen. Besonders unter dem Eindruck anstehender Wahlen und einer zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft halten sich Arbeitnehmer in der Öffentlichkeit mitunter nicht zurück. Die Meinungsfreiheit hat zwar einen hohen Stellenwert – auch für kontroverse Äußerungen –aber der Arbeitgeber kann sich in einigen Fällen von Arbeitnehmern mit extremistischen Weltanschauungen trennen.
Politische Äußerungen am Arbeitsplatz
Für alle Meinungen– auch die gemäßigten – gilt: der Arbeitsplatz ist keine Wahlkampfarena. Wiederholte Versuche der ungewollten politischen Beeinflussung von Kollegen oder die Verteilung von Wahlkampfmaterial können den Betriebsfrieden derart stören, dass dies eine Abmahnung und im Wiederholungsfall sogar eine Kündigung rechtfertigen kann. Insofern ist hier bereits die Art der Meinungsäußerung problematisch. Zudem haben die Arbeitnehmer während der Arbeitszeit vorrangig die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, sodass etwaige politische Betätigungen auf die Pause oder den Feierabend zu beschränken sind.
Zunächst stellt sich die Frage , ob bereits der Inhalt der Meinungsäußerung im Betrieb eine ausreichende Störung des Betriebsfriedens verursachen kann. Unabhängig von der rechtlichen Bewertung kann der Betriebsfrieden durch links- oder rechtsextreme, sowie islamistische Äußerungen erheblich gestört werden, insbesondere, wenn in der Belegschaft unterschiedliche politische Strömungen vertreten sind. Gleichwohl sieht das Bundesverfassungsgericht zunächst alle Meinungen als durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützt an, auch wenn sie unwahr, irrational oder gefährlich sind. Ausnahmen ergeben sich nach Art. 5 Abs. 2 GG, wenn die Äußerung die Schwelle des Strafrechts überschreitet, was bei beleidigenden oder verleumderischen Aussagen (§§ 185 ff. StGB) der Fall ist. Daneben führt die Abwägung der Meinungsfreiheit mit den Grundrechten anderer Arbeitnehmer und der geschützten unternehmerischen Freiheit des Arbeitgebers regelmäßig dazu, dass der Arbeitgeber insbesondere rassistische Äußerungen nicht dulden muss. Eine entsprechende gesetzgeberische Wertung findet sich in § 104 S. 1 BetrVG, wonach der Betriebsrat bei rassistischen Vorfällen vom Arbeitgeber die Entlassung des Arbeitnehmers verlangen kann. Maßgeblich für die Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist indes, ob der Arbeitgeber weitere extremistische Äußerungen des Arbeitnehmers zu befürchten hat, sowie die Schwere und Wiederholung des beanstandeten Verhaltens. In der Regel wird man zu dem Ergebnis kommen, dass der Arbeitnehmer zunächst abgemahnt werden muss, bevor weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses ergriffen werden können. Bestimmte antisemitische, islamistische oder rassistische Äußerungen können auch den Tatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB erfüllen und ausnahmsweise eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen.
Politische Äußerungen in der Freizeit
Verbreitet ein Arbeitnehmer in seiner Freizeit extremistische Parolen, hat der Arbeitgeber grundsätzlich keine Handhabe. Etwas anderes gilt dann, wenn durch das außerbetriebliche Auftreten eine Verbindung zum Arbeitgeber hergestellt werden kann. Beispielsweise kann die Teilnahme an einem rechtsextremen Marsch in Arbeitskleidung oder mit anderen Erkennungszeichen des Unternehmens wegen der negativen Öffentlichkeitswirkung zu einem Imageschaden für den Arbeitgeber führen. Regelmäßig kommt nach solchen Aktionen eine verhaltensbedingte Kündigung oder zumindest eine Abmahnung in Betracht.
Noch weniger Verständnis haben die Arbeitsgerichte für Arbeitnehmer, die durch private Äußerungen Zweifel an ihrer Eignung für ihre Tätigkeit aufkommen lassen. Jüngst wurde einem Professor von der Max-Planck-Gesellschaft wegen der Veröffentlichung eines antisemitischen Gedichts rechtmäßig gekündigt, nachdem ihm die Eignung zur Forschung in Einklang mit den Grundwerten der Max-Planck-Gesellschaft abgesprochen wurde (vgl. LAG Halle vom 11.12.2024 - 1 Ca 378/24 - Pressemitteilung).
Es gibt auch Fälle, in denen Arbeitnehmer rechtsextreme oder islamistische Beiträge in sozialen Netzwerken verbreiten und diese viral gehen. Innerhalb kürzester Zeit werden Klarnamen, Wohnort und Arbeitgeber recherchiert, sodass der Arbeitgeber in einen Shitstorm hineingezogen wird und sich wirtschaftlichem Druck in Form von Boykottaufrufen oder ähnlichem ausgesetzt sieht. In diesen Fällen ist eine sogenannte Druckkündigung denkbar, an die die Rechtsprechung allerdings hohe Anforderungen stellt. Dabei ist der wirtschaftliche Druck, der auf den Arbeitgeber wirkt, mit dem Interesse des Arbeitnehmers am Fortbestehen des Arbeitsplatzes abzuwägen. Kriterien, die eher für eine rechtmäßige Kündigung des Arbeitnehmers sprechen, sind (1.) eine hohe Reichweite des Posts, (2.) schwere Folgen der Äußerungen wie z.B. eine öffentliche Berichterstattung, (3.) die Intensität der Äußerung, so wiegt das bloße Liken weniger schwer als eine proaktive Äußerung, und (4.) eine höhere betriebliche Stellung des Arbeitnehmers, von welchem der Arbeitgeber mehr Zurückhaltung verlangen kann.
Umgekehrt ist es jedoch schwierig einen Arbeitnehmer nur wegen einer im privaten Kontext geäußerten Meinung, die keine Wellen schlägt, zu entlassen, auch wenn sich Arbeitgeber, Kunden und Kollegen möglicherweise an der privat geäußerten Weltanschauung stören. Eine Alternative wäre in diesem Fall eine Versetzung des Arbeitnehmers in einen Unternehmensbereich, der weniger öffentlichkeitswirksam ist und weniger Kundenkontakt hat.
Weitere Maßnahmen / Prävention
Neben arbeitsrechtlichen Sanktionen wie einer Abmahnung oder einer Kündigung kann der Arbeitgeber auch die Unterlassung und Löschung von Äußerungen verlangen, welche den Ruf des Arbeitgebers schädigen, was beispielsweise bei politischen Posts auf LinkedIn in Arbeitskleidung in Betracht kommt. Darüber hinaus sind auch Schadensersatzansprüche denkbar, wenn die erlittene Rufschädigung zu einem wirtschaftlichen Schaden geführt hat; die Beweislast für den Eintritt eines kausalen Schadens trägt jedoch der Arbeitgeber, was in der Praxis regelmäßig kaum gelingen dürfte.
Um Störungen des Betriebsfriedens und Imageschäden durch politische Äußerungen von Arbeitnehmern vorzubeugen, kann es hilfreich sein, die Arbeitnehmer an das Gebot der politischen Mäßigung am Arbeitsplatz und in den sozialen Medien zu erinnern.