Wie wir mittlerweile alle mitbekommen haben, befinden wir uns in wirtschaftlich ausgesprochen herausfordernden Zeiten. Dabei bleibt es leider nicht aus, dass immer mehr Unternehmen und Organisationen zum Abschlussstichtag mit einem negativen Eigenkapital konfrontiert werden und damit automatisch ein spezieller Fokus auf die „Going-Concern-Problematik“ liegt.
Um die bilanzielle Überschuldung abzuwenden liegt der Gedanke nahe, bereits an das Unternehmen vergebene Gesellschafterdarlehen in die Kapitalrücklage „umzuwandeln“. Ist das so einfach möglich? Schauen wir hierzu vorerst auf die bilanzielle und zivilrechtliche Betrachtungsweise.
Handelsbilanziell betrachtet stellt ein Darlehen eine Außenverpflichtung und damit eine Schuld dar. Diese wird mit der verpflichtenden Rückzahlung beglichen. Für Mittel des Eigenkapitals hingegen besteht niemals eine Rückzahlungspflicht, was aufzeigt, dass eine Umwandlung ohne eine Veränderung der Rückzahlungsmodalitäten nicht möglich ist.
Wie diese Umwandlung möglich ist, verrät uns ein Blick in das Zivilrecht, wonach der Gesellschafter die Gesellschaft von ihrer Verpflichtung entbinden kann, wenn er einen Forderungsverzicht laut § 397 BGB erklärt – optional mit Besserungsschein, so dass bei positiven Jahresergebnissen die Darlehensverbindlichkeit/ bzw. –forderung wiederauflebt. Daraus folgt, dass es der Firma gestattet ist, die Darlehensverbindlichkeit auszubuchen und die Mittel nun zur Erhöhung des Eigenkapitals zu nutzen. Dabei gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
- Eine freiwillige Zuzahlung in die Kapitalrücklage nach §272 Abs.2 Nr.4 HGB („Umwandlung“) zu tätigen oder
- eine erfolgswirksame Variante, in der man den Mittelzuwachs als sonstigen betrieblichen Ertrag ergebniswirksam vereinnahmt.
Für unseren Praxisfall ist die erste Variante deutlich relevanter weshalb man beachten sollte, dass man handelsbilanziell zum vollen Nominalwert der weggefallenen Verbindlichkeit in die Kapitalrücklage einzustellen hat.
Wer mit der Thematik bereits in Kontakt gekommen ist und etwas Vorerfahrung mitbringt, wird bemerkt haben, dass die Werthaltigkeit der verzichteten Forderung noch nicht in Frage gestellt wurde. Das wird sie auch erst, wenn man die dritte, steuerliche Betrachtungsweise hinzuzieht. Gibt es nämlich einen Teil der Einlage, welcher nicht werthaltig ist, kann dies steuerliche Auswirkungen haben.
Unter Mitarbeit von Vitus Klatt, B. A.