Nachdem der EuGH mit seiner Entscheidung vom 02.03.2023 (Az.: C-477/21, NJW 2023, 1561 ff.) das Verhältnis von täglicher und wöchentlicher Ruhezeit klargestellt hat und im deutschen Arbeitszeitrecht nicht die wöchentliche Ruhezeit, sondern stattdessen die Sonn- und Feiertagsruhe geregelt sind, stellt sich die Frage, wie sich das deutsche Arbeitszeitrecht zur europäischen Rechtsprechung verhält. Denn während die wöchentliche Ruhezeit von 24 Stunden zu jeder Zeit außerhalb der Arbeitszeit gewährt werden kann, sollen die Sonn- und Feiertagsruhe und auch die arbeitsfreie Zeit an einem Ersatzruhetag stets um 0:00 Uhr beginnen und bis 24:00 Uhr des jeweiligen Kalendertages andauern. Da die tägliche Ruhezeit vor der wöchentlichen Ruhezeit zu gewähren ist, stellt sich die Frage, wie in Deutschland die wöchentliche Ruhezeit gewährt werden muss, wenn die tägliche Ruhezeit nach 0:00 Uhr an einem Sonn-, Feier- oder einem Ersatzruhetag endet, so dass diese Tage zwar arbeitsfrei sind, die Ruhezeit aber in den nachfolgenden Kalendertag hineinreicht.
Kernaussage der EuGH-Entscheidung vom 02.03.2024
Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 02.03.2023 festgestellt, dass zum einen die tägliche Ruhezeit nicht Teil der wöchentlichen Ruhezeit ist und dass zum anderen die tägliche Ruhezeit der wöchentlichen Ruhezeit vorauszugehen hat. Der EuGH hat sich in dieser Entscheidung leider nicht mit der Frage befasst, ob die wöchentliche Ruhezeit von 24 Stunden stets einem (ganzen) Kalendertag in der Zeit von 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr entsprechen muss, wie dies für die Sonn- und Feiertagsruhe in § 9 Abs. 1 ArbZG ausdrücklich geregelt ist. Die Kernaussage des EuGH ist, dass Beschäftigte sowohl Anspruch auf die tägliche als auch auf die wöchentliche Ruhezeit haben und dass eine gesetzliche oder tarifliche Regelung, mit der die wöchentliche Ruhezeit auf mehr als 24 Stunden, mindestens aber auf 35 Stunden verlängert wird, nicht dazu führt, dass die Beschäftigten den Anspruch auf die tägliche Ruhezeit verlieren. Nach Ansicht des EuGH muss zunächst die tägliche Ruhepause von 11 bzw. ausnahmsweise 10 Stunden und erst danach die wöchentliche Ruhezeit von 24 Stunden gewährt werden. In der Summe betrögt die Arbeitsunterbrechung damit mindestens 35 bzw. in Ausnahmefällen 34 Stunden. Beide Ruhezeiten können aber nicht zu einer Ruhezeit zusammengezogen werden.
Die Arbeitszeitrichtlinie RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.11.2003 EU (nachfolgend: „Arbeitszeitrichtlinie“) legt die Lage der wöchentlichen Ruhezeit nicht fest, sondern bestimmt in Art. 2 Nr. 2 lediglich:
2. Ruhezeit: jede Zeitspanne außerhalb der Arbeitszeit;“
Die wöchentliche Ruhezeit kann nach der Arbeitszeitrichtlinie zu jedem Zeitpunkt unmittelbar nach Ablauf der täglichen Ruhezeit beginnen und endet 24 Stunden später. Anders als im deutschen Recht fehlt in der Arbeitszeitrichtlinie eine Vorschrift zur Sonn- und Feiertagsruhe mit einer verbindlichen Regelung der Lage der Ruhezeit.
Anwendung der Arbeitszeitrichtlinie
Wendet man die Arbeitszeitrichtlinie unmittelbar an, würde die tägliche und die wöchentliche Ruhezeit vor einem Sonn- oder Feiertag wie folgt geplant und gewährleistet werden können:
Beispiel 1:
Ende der Arbeit am Sonnabend um 18:00 Uhr
Ende der täglichen Ruhezeit (11 Stunden) am Sonntag um 05:00 Uhr
Beginn der wöchentlichen Ruhezeit am Sonntag um 05.00 Uhr
Ende der wöchentlichen Ruhezeit (24 Stunden) am Montag um 05:00 Uhr
Erneuter Arbeitsbeginn am Montag um 05:00 Uhr möglich.
Gesamtdauer der arbeitsfreien Zeitspanne: 35 Stunden
Einordnung der Entscheidung in das deutsche Arbeitszeitrecht
Die nationalen Gesetzgeber der EU-Mitgliedsstaaten haben die Arbeitszeitrichtlinie umzusetzen und sicherzustellen, dass die Mindestruhezeiten, wie sie in der Arbeitszeitrichtlinie geregelt sind, beachtet und eingehalten werden (so: EuGH v. 14.05.2019, C-55/18, Rn. 40, NJW 2019, 1861 – CCOO). Dieser Verpflichtung ist der deutsche Gesetzgeber mit dem Arbeitszeitgesetz nachgekommen und hat die Mindestruhezeiten in § 5 (tägliche Ruhezeit) und in den §§ 9 ff. ArbZG die Sonn- und Feiertagsruhe und den Ersatzruhetag geregelt.
Eine dem Art. 5 der Arbeitszeitrichtlinie entsprechende Regelung fehlt allerdings im deutschen ArbZG. Offenbar war der Gesetzgeber der Auffassung, die europarechtlichen Vorgaben dadurch umgesetzt zu haben, dass er in § 9 Abs. 1 ArbZG die Sonn- und Feiertagsruhe in der Zeit von 0:00 Uhr bis 24:00 Uhr und damit sicherstellt, dass in einer Zeitspanne von 24 Stunden nicht gearbeitet werden darf. Sofern von diesem Grundsatz abgewichen wird, weil an einem Sonn- oder Feiertag tatsächlich gearbeitet wird, ist ein Ersatzruhetag beginnend um 00:00 Uhr gem. § 11 Abs. 3 ArbZG zu gewähren, um eine 24-stündige arbeitsfreie Zeitspanne sicherzustellen.
Sonn- und Feiertagsruhe vs. wöchentliche Ruhezeit
Ausgehend von dem vorstehenden Beispiel fragt es sich, wie die im deutschen Recht zu beachtende Sonn- und Feiertagsruhe im Hinblick auf die wöchentliche Ruhezeit nach der Arbeitszeitrichtlinie einzuordnen ist. Würde die wöchentliche Ruhezeit stets an einem Kalendertag von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr gewährt werden müssen und dürfte sich nicht mit der täglichen Ruhezeit überschneiden, dann würde das zu dem Ergebnis führen, dass trotz Arbeitsfreiheit an einem Sonntag auch noch der gesamte darauffolgende Montag arbeitsfrei wäre, sofern und sobald die tägliche Ruhezeit in den Sonntag hineinreicht (so im Ergebnis: Buschmann/Ulber, § 11 Rn. 34). Die Ruhezeiten würden dann, wie in dem nachfolgenden Beispiel dargestellt, dazu führen, dass der Beschäftigte frühesten am Dienstag ab 00:00 Uhr wieder arbeiten dürfte und die arbeitsfreie Zeitspanne würde auf bis zu 58 Stunden und 59 Minuten ausgedehnt werden:
Beispiel 2:
Ende der Arbeit am Sonnabend um 13:01 Uhr
Ende der täglichen Ruhezeit (11 Stunden) am Sonntag um 00:01 Uhr
Beginn der wöchentlichen Ruhezeit am Montag um 00:00 Uhr
Ende der wöchentlichen Ruhezeit am Montag um 24:00 Uhr
Erneuter Arbeitsbeginn am Dienstag um 00:00 Uhr.
Gesamtdauer der arbeitsfreien Zeitspanne: 58 Stunden und 59 Minuten
Zusammenhängende „wöchentliche Mindestruhezeit“ von 35 Stunden
Dieses Ergebnis geht deutlich über die europarechtlichen Anforderungen hinaus und dürfte auch dem Willen des deutschen Gesetzgebers nicht entsprechen, der mit § 11 Abs. 4 ArbZG ausweislich der Gesetzesbegründung nur sicherstellen wollte, dass Beschäftigten zu ihrer Erholung eine zusammenhängende „wöchentliche Mindestruhezeit“ von 35 Stunden zusteht (BT-Drs. 12/5888, S. 30; so auch BAG, Urteil vom 8.12.2021 – 10 AZR 641/19 –, BAGE 176, 371-382, 50164; Roloff in: Erfurter Kommentar, 24. Aufl. 2024, § 11 ArbZG, Rn. 6 ). Auch nach deutschem Arbeitszeitrecht sind Sonn- und Feiertagsruhe sowie der Ersatzruhetag unmittelbar in Verbindung mit einer Ruhezeit nach § 5 ArbZG zu gewähren, wobei seit der EuGH-Entscheidung vom 02.03.2023 die tägliche vor der wöchentlichen Ruhezeit liegen muss. Das Unionsrecht schließt aber durch die Regelung in Art. 2 Nr. 2 der Arbeitszeitrichtlinie aus, dass es aufgrund der Ruhezeiten zu einer erheblichen Verlängerung der arbeitsfreien Zeit kommen muss, weil die tägliche Ruhezeit in einen Sonn- oder Feiertag hineinreicht und die Frage ist, wie sich dies auf das deutsche Arbeitszeitrecht auswirkt.
Reihenfolge der Gewährung von täglicher und wöchentlicher Ruhezeit
In der Vergangenheit ist die Frage, wie die tägliche und die wöchentliche Ruhezeit zu gewähren ist, wenn die Arbeit an einem Sonnabend oder Vorfeiertag weniger als 11 Stunden vor dem Sonn- oder Feiertag endet, unterschiedlich bewertet worden. In der Literatur wurde teilweise die Auffassung vertreten, dass § 5 Abs. 1 ArbZG nicht verlange, dass sich die 11-stündige Ruhezeit unmittelbar an das Ende der täglichen Arbeitszeit anschließen müsse. Nach dem Wortlaut des § 11 Abs. 4 ArbZG müsse die tägliche Ruhezeit zwischen dem Arbeitsende und der Wiederaufnahme der Arbeit liegen. Diesem Erfordernis der Trennung zweier Arbeitsschichten sei auch dann Rechnung getragen, wenn die 11-stündige tägliche Ruhezeit nicht vor dem Sonn- bzw. Feiertag oder Ersatzruhetag, sondern erst im Anschluss an diesen gewährt werde. Auch dann läge die tägliche Ruhezeit nach dem maßgeblichen Arbeitsende (so Baeck/Deutsch/Winzer, Arbeitszeitgesetz 4. Auflage 2020, § 11 ArbZG, Rn. 26). Eine Beschränkung der Arbeitszeitlage vor einem Sonn-, Feier- oder Ersatzruhetag sei dann nicht erforderlich, wenn die wöchentliche Arbeitszeit an einem Sonn- und Feiertag zunächst gewährt würde und im Anschluss die tägliche Ruhezeit. Diese Ruhezeit würde dann bis um 11:00 Uhr des Tages dauern, der auf den Sonn-, Feier- oder Ersatzruhetag folgt.
Tägliche Ruhezeit vor wöchentlicher Ruhezeit
Andere Stimmen in der Literatur waren aber auch schon bisher der Auffassung, dass die Reihenfolge der Ruhezeiten durch Gesetz festgelegt wäre und stets die tägliche Ruhezeit wegen des Wortlauts des § 5 Abs. 1 ArbZG unmittelbar nach Arbeitsende zu gewähren ist und erst im Anschluss die wöchentliche Ruhezeit. Nichts anderes ergibt sich aus § 11 Abs. 4 ArbZG, der nur regelt, dass die tägliche in Verbindung mit der wöchentlichen Ruhezeit zu gewähren ist. Unabhängig davon, dass nach der hier vertretenen Auffassung durch § 9 Abs. 1 ArbZG die Lage der Ruhezeit im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie nicht verbindlich vorgeschrieben werden sollte, steht der ersten Auffassung nunmehr die EuGH-Rechtsprechung entgegen. Danach müsse „jeder Arbeitnehmer nach einer Arbeitsperiode sofort eine tägliche Ruhezeit erhalten, und zwar unabhängig davon, ob sich an diese Ruhezeit eine Arbeitsperiode anschließt oder nicht. Werden die tägliche und die wöchentliche Ruhezeit zusammenhängend gewährt, darf die wöchentliche Ruhezeit darüber hinaus erst dann beginnen, wenn der Arbeitnehmer die tägliche Ruhezeit in Anspruch genommen hat“ (EuGH v. 02.03.2023, C-477/21, NJW 2023, 1561 ff., Rn. 57). Allerdings musste sich der EuGH mit der Lage der Ruhezeit wegen der Regelung in Art. 2 Nr. 2 Arbeitszeitrichtlinie nicht befassen, weil die wöchentliche Ruhezeit „jede Zeitspanne außerhalb der Arbeitszeit“ ist.
Muss die wöchentlichen Ruhezeit stets um 0:00 Uhr beginnen?
Die Frage ist also, ob die tägliche Ruhezeit vor einem Sonn-, Feier- oder Ersatzruhetag spätestens um 13:00 Uhr beginnen muss, damit die wöchentliche Ruhezeit an einem Sonn-, Feier- oder Ersatzruhetag ab 0:00 Uhr gewährt werden kann. Damit würde die Sonn- und Feiertagsregelung in § 9 Abs. 1 ArbZG die Ruhezeitregelung der Arbeitszeitrichtlinie in einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Weise einschränken, denn Regelungsziel war, den Arbeitnehmern eine zusammenhängende Ruhezeit von 35 Stunden zu gewähren. Gegen eine solche Einschränkung sprechen auch folgende Erwägungen:
• Mit § 9 Abs. 1 ArbZG will der deutsche Gesetzgeber sicherstellen, dass in der Regel an Sonn- und Feiertagen nicht gearbeitet wird. Ob die 24-stündige Zeitspanne zur täglichen oder zur wöchentlichen Ruhezeit zählt, ist im Hinblick auf dieses Regelungsziel unerheblich. Entscheidend ist, dass ein Arbeitnehmer an Sonn- und Feiertagen zwischen 00:00 Uhr und 24:00 Uhr nicht arbeiten soll.
• Zudem würde eine Regelung, dass an einem Sonn- und Feiertag die wöchentliche Ruhezeit nicht gewährt werden kann, wenn in den Sonn- und Feiertag noch die tägliche Ruhezeit hineinragt, dazu führen, dass ein über das Unionsrecht hinausgehender arbeitsfreier Zeitraum zwingend zu gewähren ist, ohne dass es dafür eine Rechtsgrundlage gibt. Müsste nämlich der Montag arbeitsfrei sein, weil die tägliche Ruhezeit nach der Arbeit am Sonnabend erst am Sonntag nach 00:00 Uhr abläuft, dürfte kein Anspruch auf einen Ersatzruhetag entstehen, weil der betreffende Arbeitnehmer hat auch in diesem Fall am Sonntag tatsächlich nicht gearbeitet. Nach deutschem Recht entsteht die Pflicht für einen Ersatzruhetag nur, wenn an einem Sonn- und Feiertag gearbeitet wird und nicht schon dann, wenn die wöchentliche Ruhezeit nicht vollständig an einem Sonn- oder Feiertag gewährt werden kann. Ein Ersatzruhetag ist ohne Sonn- oder Feiertagsarbeit nicht zu gewähren und deshalb kann ein Arbeitgeber nicht gezwungen sein, einen zusätzlichen arbeitsfreien Tag am Montag zu gewähren, wenn die tägliche Ruhezeit in einen Sonn-, Feier- oder Ersatzruhetag hineinragt.
• Dieses Ergebnis wird weiter dadurch gestützt, dass das Arbeitszeitgesetz von einer Sechstagewoche ausgeht und über die Regelung zur Sonn- und Feiertagsruhe weder faktisch eine Fünftagewoche einführen noch die Arbeitszeitlage an einem Sonnabend oder an einem Vorfeiertag dahingehend einschränken wollte, dass nur bis 13:00 Uhr gearbeitet werden darf, damit die tägliche Ruhezeit nicht in den nachfolgenden Sonntag hineinreicht.
Fazit und Praxishinweise
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass unionsrechtlich die Verpflichtung besteht, Arbeitnehmern innerhalb eines Siebentagezeitraums eine Gesamtruhezeit von 35 Stunden zu gewähren, die sich aus der täglichen und der wöchentlichen Ruhezeit gem. Art. 3 und 5 der Arbeitszeitrichtlinie zusammensetzt. Die Lage der Ruhezeiten ist durch die Arbeitszeitrichtlinie nur insoweit vorgegeben, dass die tägliche Ruhezeit unmittelbar nach Arbeitsende beginnt, an die sich dann die wöchentliche Ruhezeit anschließt. Es ist nicht notwendig, dass die wöchentliche Ruhezeit um 00:00 Uhr beginnt.
Das Arbeitszeitgesetz regelt ausdrücklich nur die tägliche Ruhezeit in § 5 ArbZG und darüber hinaus die Sonn- und Feiertagsruhe, die aber nicht ausdrücklich als „wöchentliche Ruhezeit“ im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie bezeichnet wird. Mit der Sonn- und Feiertagsruhe wollte der Gesetzgeber ausweislich der Gesetzesbegründung sicherstellen, dass Arbeitnehmer an diesen Tagen nicht arbeiten müssen. In BT Drs. 12/5888, S. 28 heißt es dazu wörtlich: „Die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen wird grundsätzlich untersagt. Dieser Grundsatz ist aus § 105b der Gewerbeordnung (GewO) übernommen worden und wird entsprechend der Gewährleistung der Sonn- und Feiertagsruhe in Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Artikel 139 der Weimarer Verfassung festgeschrieben.“
Nach dieser Verfassungsbestimmung bleiben „der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt". Die Frage, ob in die Zeitspanne von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr eines Sonn-, Feier- oder Ersatzruhetages ausschließlich die wöchentliche Ruhezeit oder auch die tägliche Ruhezeit fallen darf, hat der Gesetzgeber nicht geregelt. Genauso wenig hat der Gesetzgeber geregelt, ob die wöchentliche Ruhezeit stets um 00:00 Uhr beginnen muss.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass als „Ersatzruhetag“ nach Ansicht des BAG nur ein ganzer
Kalendertag von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr in Betracht komme und nicht ein individueller Zeitraum mit einer Dauer von 24 Stunden (so BAG, Urteil vom 8.12.2021 – 10 AZR 641/19 –, BAGE 176, 371-382, Rn. 30). Zum einen ist diese Auslegung des BAG fragwürdig, weil der Ersatzruhetag dem Zweck dient, dass der Arbeitnehmer in einem Siebentagezeitraum einmal für die Dauer von 35 Stunden nicht arbeiten muss (siehe Gesetzesbegründung zu § 11 Abs. 4 ArbZG in BT Drs. 12/5888, S. 30) und zum anderen soll auch der Ersatzruhetag nur sicherstellen, dass an diesem Tag nicht gearbeitet wird, wobei es nicht darauf ankommen kann, ob der Tag wegen der täglichen, der wöchentlichen oder einer Kombination aus beiden Ruhezeiten arbeitsfrei ist. Die hier entscheidende Frage, ob Ruhezeiten wie im Beispiel 1 geplant und gewährt werden dürfen, oder ob Beispiel 2 der richtige Ansatz ist, um die vorgeschriebenen Ruhezeiten zu gewähren, ist bedauerlicherweise höchstrichterlich noch nicht entschieden. Für die Methode in Beispiel 1 spricht nach hiesiger Ansicht die Tatsache, dass sich der Regelungszweck und der Regelungsinhalt des § 9 Abs. 1 ArbZG nicht mit der Regelung der wöchentlichen Ruhezeit in Art. 5 Arbeitszeitrichtlinie decken. Die wöchentliche Ruhezeit kann ein Arbeitgeber auch dann sicherstellen, wenn sie teilweise außerhalb der jeweiligen Kalendertage liegt, solange an diesen Tagen tatsächlich nicht gearbeitet wird.
Allerdings darf nicht verkannt werden, dass in der Literatur überwiegend die Auffassung vertreten wird, dass die wöchentliche Ruhezeit an einem Sonn-, Feier- oder Ersatzruhetag in der Zeit zwischen 00:00 Uhr und 24:00 Uhr gewährt werden müsse und lediglich die Frage, ob die tägliche Ruhezeit vor oder nach der wöchentlichen Ruhezeit liegen müsse, unterschiedlich beantwortet wird. Diese Meinungsunterschiede haben sich mit der EuGH-Entscheidung vom 02.03.2023 insoweit erledigt, als nach Ansicht des EuGH die tägliche Ruhezeit immer vor der wöchentlichen Ruhezeit zu gewähren ist. Ragt diese in einen Sonn- oder Feiertag hinein, müsse der nachfolgende Tag arbeitsfrei sein, wobei offen bleibt, ob es sich bei diesem um einen Ersatzruhetag handelt, der nicht gewährt werden muss, wenn am Sonn- oder Feiertag nicht gearbeitet wurde.
Relevant wird das Thema im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung bei der Dienstplanung, wenn der Betriebsrat verlangt, dass die wöchentliche Ruhezeit zwingend in der Zeit zwischen 0:00 Uhr und 24 Uhr gewährt werden muss und daher ein weiterer arbeitsfreier Tag zu planen ist, wenn in den Sonn-, Feier- oder Ersatzruhetag die zunächst zu gewährende tägliche Ruhezeit hineinragt. Der Arbeitgeber kann in solchen Fällen nur darauf hinweisen, dass § 9 Abs. 1 ArbZG die wöchentliche Ruhezeit nicht bzw. nicht abschließend regelt, sondern nur sicherstellen will, dass an Sonn- und Feiertagen in der Regel nicht gearbeitet wird. Die arbeitszeitrechtlichen Vorgaben in Deutschland und der Europäischen Union würde man auch dann erfüllen, wenn ein Teil der arbeitsfreien Zeit an einem Sonn- oder Feiertag in die tägliche Ruhezeit und im Übrigen in die wöchentliche Ruhezeit fällt, die dann nicht am Sonn- oder Feiertag, sondern erst am nachfolgenden Kalendertag ablaufen wird. Auch in einem solchen Fall ist zum einen die Gesamtruhezeit von 35 Stunden am Stück eingehalten und zum anderen sind Sonn- und Feiertage insgesamt arbeitsfrei.