Gemäß § 6 Abs. 14 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) – eine echte „Dunkelnorm“ – kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kapitalmarktrechtliche Mitteilungen meldepflichtiger Personen und nachfolgende Veröffentlichungen börsennotierter Gesellschaften bzw. Emittenten im Wege der Selbstvornahme vornehmen, wenn die Mitteilungs- und/oder Veröffentlichungspflicht seitens der originär verantwortlichen Personen nicht ordnungsgemäß erfüllt wird. Hier bestehen gewisse Gefahren. Das Handeln der BaFin in solchen Fällen sollte unbedingt rechtsstaatlichen Ansprüchen genügen und einen effektiven Rechtsschutz der betroffenen Emittenten sicherstellen.
Materielle Voraussetzungen behördlichen Vorgehens
Die hier maßgeblich in Rede stehenden Mitteilungen und Veröffentlichungen („Meldungen“) betreffen insbesondere die Veränderung von Stimmrechtsanteilen an börsennotierten Gesellschaften (§§ 33 ff. WpHG, sog. Schwellenmitteilungen) sowie getätigte Eigengeschäfte von Führungskräften solcher Gesellschaften und diesen nahestehende Personen (Artikel 19 Marktmissbrauchsverordnung, sog. Directors‘ Dealings). Für letztere Meldungen ist der Kreis der betreffenden Unternehmen noch „weiter“ gespannt, denn hier werden über Titel des geregelten Marktes hinaus auch Gesellschaften erfasst, deren Aktien mit eigener Billigung in ein Freiverkehrssegment der hiesigen Börsen einbezogen sind. Die betreffenden Meldungen sind grundsätzlich unverzüglich vorzunehmen. – Die tatbestandlichen Voraussetzungen dafür, dass die BaFin solche betreffenden Meldungen anstelle der mitteilungs- und veröffentlichungspflichtigen Personen – also quasi im Wege der Selbstvornahme – vornehmen kann, sind recht weit gefasst. Hierfür reicht es gemäß § 6 Abs. 14 WpHG aus, dass die in Rede stehende Mitteilungs- und Veröffentlichungspflicht „nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise erfüllt wird“. Welche genauen Prüfungspflichten der BaFin in diesem Zusammenhang obliegen, welches „Zeitfenster“ hier gilt, welche Ermessensanforderungen bestehen und welche Rechtsschutzmöglichkeiten für Emittenten dabei eröffnet sind, ist der genannten Vorschrift nicht zu entnehmen. Insbesondere der Frage nach einer effektiven Beschwerde- bzw. Anfechtungsmöglichkeit des Emittenten kommt eine besondere Bedeutung zu; dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch eine von der BaFin auf diesem Wege vorgenommene Veröffentlichung (sog. europaweite Verbreitung) fehlerhaft sein und dann im Kapitalmarkt zu einer nur schwer reversiblen Verzerrung des Aktienkurses des betreffenden Titels führen kann. Wird eine solche Veröffentlichung (später) vom Emittenten „moniert“, dürfte eine Klärung dieses Umstandes jedenfalls eine erhebliche Zeitdauer in Anspruch nehmen. Daher sollte der BaFin im Vorfeld einer solchen Veröffentlichung eine strenge Prüfungspflicht obliegen, die ggf. auch vorrangig gegenüber dem anderweitigen Gebot einer schnellstmöglichen Herstellung von Markttransparenz gilt und dem Emittenten die Möglichkeit des Ergreifens behördlicher oder gerichtlicher Eilmaßnahmen bietet.
Schwierige Rechtslage
Eine recht aktuelle Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Kassel (Beschluss vom 24.01.2023, Az. 6 B 1335/22) lässt befürchten, dass die materiellen Anforderungen an ein solches Vorgehen der BaFin und an bestehende Rechtsschutzmöglichkeiten des Emittenten (bislang) nur unzureichend ausgeprägt sind. Dem dortigen Fall lag der besondere Sachverhalt zugrunde, dass die BaFin sowohl eine Mitteilung über die Veränderung von Stimmrechtsschwellen als auch deren spätere Veröffentlichung „übernommen“ hatte. Erste Kommentierungen der Entscheidung bekunden, dass diese „schier sprachlos macht“ und erhebliche rechtsstaatliche Defizite zulasten des dort involvierten Unternehmens aufweist. Auch das konkrete behördliche Vorgehen der BaFin in dem dortigen Fall bot erheblichen Anlass zur Kritik – die das erkennende Gericht aber weitestgehend ausgeblendet hat.
Praxistipp
In derartigen Fällen der gleichsamen Mitteilung und Veröffentlichung kapitalmarktrechtlicher Informationen durch die BaFin ist mithin Vorsicht geboten; dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass die BaFin – höchstrichterlich mehrfach bestätigt – „lediglich“ im öffentlichen Interesse tätig wird und hier etwaige Schadensersatzansprüche wegen eines behördlichen Fehlverhaltens im Rahmen des Veröffentlichungsvorgangs bzw. wegen Veröffentlichung einer Fehlinformation seitens des Emittenten kaum zu realisieren sind. – Anders sehe es übrigens aus, wenn die originär mitteilungspflichtige Person eine fehlerhafte Mitteilung erstellen und dem Emittenten zur Veröffentlichung übersenden würde: Hier obliegt dem Emittenten keine materielle Prüfungspflicht, und er hat die erhaltene Mitteilung in dieser Form unverzüglich zu veröffentlichen. Schäden, die eine auf diesem Wege veröffentlichte fehlerhafte Mitteilung mit sich bringt, könnten dann seitens des Emittenten bei der mitteilungspflichtigen bzw. mitteilenden Person liquidiert werden.
Emittenten sollten daher achtsam sein und etwaige Veröffentlichungen kapitalmarktrechtlicher Mitteilungen mittels einer Ersatzvornahme durch die BaFin ggf. hinauszögern oder vermeiden. Droht ein derartiges behördliches Vorgehen und besteht die Gefahr der Veröffentlichung von Fehlinformationen, sollten hiergegen frühzeitig und schnell „alle Register gezogen“ werden. Dies umfasst ein nachhaltiges „Einwirken“ auf die BaFin sowie – trotz der genannten Kasuistik des Verwaltungsgerichthofes – die zügige Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes im Wege eines behördlichen oder gerichtlichen Eilverfahrens. Gelingt hierbei kein zeitlicher Aufschub der Veröffentlichung durch die BaFin, dürfte sich die spätere Erlangung eines effizienten nachgelagerten Rechtsschutzes trotz zwischenzeitlich eingetretener Marktverzerrungen als sehr schwierig gestalten und hiermit verbundene Schäden nicht liquidierbar sein. – Andererseits ist aber auch nicht ernsthaft streitig, dass der BaFin entsprechende Veröffentlichungen im Wege der Selbstvornahme zügig möglich sein müssen, wenn der Emittent selbst sich ohne berechtigten Anlass einer entsprechenden Veröffentlichung verweigert oder entzieht. In diesem Falle droht dem Emittenten zudem eine bußgeldrechtliche Ahndung.