Der Standard ESRS S3 legt dar, wie Unternehmen Informationen zu wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit betroffenen Gemeinschaften offenlegen sollen. Ziel ist es, Transparenz hinsichtlich der tatsächlichen oder potenziellen positiven und negativen Auswirkungen des Unternehmens auf diese Gemeinschaften zu schaffen. Dazu gehören auch die Konzepte, Verfahren und Ziele des Unternehmens im Umgang mit diesen Auswirkungen sowie relevante Kennzahlen. ESRS S3 ist anzuwenden, wenn im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse gemäß ESRS 2 festgestellt wurde, dass betroffene Gemeinschaften in wesentlicher Weise von der Geschäftstätigkeit betroffen sind. Der Standard ist in Verbindung mit den allgemeinen Anforderungen sowie den weiteren sozialen Standards zu lesen.
1. Strategie
Das Unternehmen beschreibt, wie die Standpunkte, Interessen und Rechte betroffener Gemeinschaften in die Strategie und das Geschäftsmodell einfließen. Dabei ist auch darzulegen, ob und wie sich wesentliche Auswirkungen auf betroffene Gemeinschaften aus der Strategie oder dem Geschäftsmodell ergeben und inwiefern diese angepasst werden müssen. Diese Betrachtung umfasst sowohl potenzielle als auch bereits eingetretene Auswirkungen. Der Standard erfordert eine Differenzierung nach Art der betroffenen Gemeinschaften, z. B. Anwohner von Betriebsstandorten, Gemeinschaften entlang der Wertschöpfungskette oder indigene Völker. Darüber hinaus wird dargelegt, wie das Unternehmen seine strategischen Prioritäten und Geschäftsmodelle bei Bedarf anpasst, um auf erkannte Risiken oder Chancen im Zusammenhang mit den betroffenen Gemeinschaften zu reagieren.
2. Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen
Das Unternehmen soll seine Konzepte für den Umgang mit wesentlichen Auswirkungen auf betroffene Gemeinschaften und die damit verbundenen Risiken und Chancen erläutern. Dazu zählen unter anderem menschenrechtliche Grundsatzverpflichtungen, die Orientierung an internationalen Standards wie den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte sowie spezifische Regelungen im Umgang mit indigenen Völkern. Darüber hinaus müssen die Unternehmen ihre allgemeinen Verfahren zur Einbeziehung betroffener Gemeinschaften und ihrer Vertreter im Hinblick auf tatsächliche und potenzielle Auswirkungen auf diese Gemeinschaften darlegen. Das Unternehmen beschreibt, wie diese Einbeziehung erfolgt, in welchen Phasen und mit welcher Häufigkeit sie stattfindet, und wie die jeweiligen Sichtweisen in die unternehmerischen Entscheidungen einfließen. Auch ist darzustellen, wer im Unternehmen die Verantwortung für diese Einbindung trägt und wie die Wirksamkeit dieser Beteiligung bewertet wird. Besonderes Augenmerk gilt der Berücksichtigung besonders vulnerabler oder marginalisierter Gruppen, einschließlich Frauen und Mädchen. Bei indigenen Gemeinschaften sind zudem deren spezifische Rechte und das Prinzip der freien, vorherigen und informierten Zustimmung zu beachte.
Das Unternehmen beschreibt darüber hinaus die Kanäle, über die betroffene Gemeinschaften ihre Anliegen äußern können, sowie die Verfahren zur Abhilfe bei negativen Auswirkungen. Dabei wird auch dargelegt, wie die Wirksamkeit dieser Mechanismen bewertet und sichergestellt wird. Zudem wird berichtet, welche konkreten Maßnahmen zur Minderung negativer oder zur Förderung positiver Auswirkungen auf betroffene Gemeinschaften umgesetzt wurden. Hierzu zählen sowohl Präventions- als auch Abhilfemaßnahmen, Kooperationen mit Dritten sowie die Nutzung von Hebelwirkungen im Rahmen von Geschäftsbeziehungen. Ergänzend erfolgt eine Darstellung, wie die Wirksamkeit dieser Maßnahmen überprüft und welche Ressourcen für deren Umsetzung bereitgestellt werden.
3. Kennzahlen und Ziele
Das Unternehmen hat terminierte und ergebnisorientierte Ziele anzugeben, die es zur Reduktion negativer oder zur Förderung positiver Auswirkungen sowie zum Management mit wesentlichen Risiken und Chancen im Zusammenhang mit betroffenen Gemeinschaften festgelegt hat. Es ist zu erläutern, wie diese Ziele definiert wurden, ob und wie Gemeinschaften daran beteiligt waren, wie der Fortschritt überwacht wird und welche Erkenntnisse sich daraus ergeben. Kennzahlen zur Zielverfolgung sind transparent offenzulegen.
4. Herausforderungen
Unternehmen stehen vor der Schwierigkeit, betroffene oder besonders verletzliche Gemeinschaften überhaupt erst zu identifizieren und zu erreichen. Der Zugang zu validen Informationen über tatsächliche Auswirkungen entlang komplexer Wertschöpfungsketten ist oft begrenzt. Hinzu kommen eingeschränkte Einflussmöglichkeiten bei indirekten Geschäftspartnern, Unsicherheiten bezüglich regulatorischer Anforderungen und ihrer Auslegung sowie potenziell divergierende Erwartungen und Ansprüche von Stakeholdern in verschiedenen Ländern oder Regionen.
5. Chancen
Gleichzeitig bietet die systematische Auseinandersetzung mit betroffenen Gemeinschaften erhebliche Potenziale. Durch den Aufbau vertrauensvoller Beziehungen vor Ort kann die lokale Akzeptanz unternehmerischen Handelns gestärkt und die soziale Lizenz zum Operieren gesichert werden. Eine frühzeitige Einbindung hilft dabei, Reputations- und Betriebsrisiken zu minimieren. Zudem ergeben sich Impulse für Innovationen durch ein besseres Verständnis lokaler Bedürfnisse. Auch können durch gezielte Entwicklungs- und Partnerschaftsprogramme regionale Wirtschaftskreisläufe gefördert und neue Perspektiven für nachhaltige Geschäftsentwicklung eröffnet werden.
6. Beispiel
Ein Beispiel für die Anwendung dieser Standards ist das Tesla-Werk in Grünheide, Brandenburg. Der Bau der Tesla-Gigafactory hat die Nachfrage nach Wohnraum und sozialer Infrastruktur in der Region erhöht. Kommunen im Landkreis Oder-Spree haben gemeinsam Maßnahmen entwickelt, um Wohnungsbau und Bildungsinfrastruktur aufeinander abzustimmen und interkommunale Lösungen zu erarbeiten. Des Weiteren sind Umweltauswirkungen zu beachten, die potenziell durch Gefahrenstoffe aus der Fabrik entstehen könnten oder Arbeitsbedingungen zu analysieren, die potenzielle Auswirkungen haben können.
Fazit
ESRS S3 fordert Unternehmen dazu auf, ihre Auswirkungen auf betroffene Gemeinschaften ganzheitlich zu erfassen, offenzulegen und proaktiv zu steuern. Dies umfasst nicht nur Risiken und Herausforderungen, sondern auch Chancen für nachhaltige Geschäftsentwicklung. Durch die transparente Auseinandersetzung mit sozialen Auswirkungen – insbesondere in sensiblen Regionen oder mit marginalisierten Gruppen – leisten Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur Einhaltung menschenrechtlicher Standards und zur langfristigen Sicherung ihrer Geschäftstätigkeit.