Nach § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO kann der Widerspruch im Verwaltungsverfahren schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) oder zur Niederschrift bei der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, erhoben werden. Mit der Frage, wie sich die schriftliche und elektronische Form unterscheiden und worauf bei der elektronischen Form nach § 3a Abs. 3 VwGO zu achten ist, befasst sich dieser Beitrag.

Der schriftliche Widerspruch
Der klassische Fall des schriftlichen Widerspruchs ist der maschinell verfasste und eigenhändig unterzeichnete Widerspruch durch den Widerspruchsführer oder seinen bevollmächtigten Vertreter.

Die Schriftform ist im Verwaltungsrecht nicht definiert. Sie wird nicht ausdrücklich durch den § 126 Abs. 1 BGB konkretisiert, der für die Erfüllung der Schriftform eine eigenhändige Unterschrift oder ein notariell beglaubigtes Handzeichen erfordert.

Für das Begriffsverständnis sind damit die Schutzfunktionen in den Blick zu nehmen, die der Schriftform bei der Erhebung des Widerspruchs zukommt. Dazu zählen die Möglichkeit der fortdauernden Wiedergabe der Erklärung (Perpetuierungsfunktion), die Zuordnung des Widerspruchs zum Widerspruchsführer (Identitätsfunktion/ Authentifizierung) und die Gewährleistung, dass der Widerspruchsführer nicht nur einen Entwurf, sondern eine gewollte verfahrensrechtliche Erklärung abgeben wollte. Insoweit kommt dem Schriftlichkeitserfordernis auch eine Warnfunktion zu. 

Erfüllt werden diese Funktionen durch die eigenhändige Unterschrift des Widerspruchsführers unter dem Widerspruch. Die Erklärung lässt sich der Person zuordnen und die Unterzeichnung verdeutlicht, dass sich das Dokument nicht mehr in einem Entwurfsstadium befindet, sondern eine rechtsverbindliche Erklärung darstellt. Im Umkehrschluss kommt es auf eine eigenhändige Unterschrift daher nicht an, wenn sich der Widerspruch auch ohne Unterschrift zweifelsfrei – also ohne Notwendigkeit einer Rückfrage oder Beweiserhebung – dem Erklärenden zuordnen lässt und eine Rechtsverbindlichkeit zum Ausdruck bringt.

Die elektronische Form nach § 3a Abs. 2 VwVfG 
Neben der Einlegung in schriftlicher Form kann im Verwaltungsverfahren auch die elektronische Form nach § 3a Abs. 2 VwVfG verwendet werden. Als digitales Abbild der eigenhändigen Unterschrift dient dabei die qualifizierte elektronische Signatur. Sie bildet den Anknüpfungspunkt für § 3a Abs. 2 VwVfG und soll nach der gesetzgeberischen Wertung dieselben Schutzfunktionen wie die Schriftform erfüllen. Eine E-Mail, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen ist, reicht somit aus, um formgerecht Widerspruch zu erheben. Ebenfalls formwahrend ist die Erhebung des Widerspruchs durch Versenden einer absenderauthentifizierten De-Mail nach § 5 Abs. 5 des De-Mail-Gesetzes. Die Nutzung von De-Mails hat sich in der Verwaltungspraxis allerdings nicht durchgesetzt und wird voraussichtlich zum 31.08.2024 eingestellt. 

Im Gegensatz dazu kann ein Widerspruch nicht durch eine einfache E-Mail mit einfacher E Mail Signatur erhoben werden. Während die qualifizierte elektronische Signatur es ermöglicht, die Identität des Absenders durch Auslesen des Zertifikats dauerhaft zu überprüfen, gelingt diese Authentifizierung bei einer einfachen E-Mail-Signatur nicht. Sie stellt damit kein Äquivalent zur Schriftform dar, das für die Erfüllung der elektronischen Form gefordert ist.

Ausblick
Die Widerspruchserhebung in elektronischer Form erfolgt üblicherweise per E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur. Die weiteren in § 3a Abs. 2 VwVfG genannten Möglichkeiten der Ersetzung der Schriftform haben in der Vergangenheit praktisch kaum Bedeutung erlangt. 

Um diesem Umstand zu begegnen, hat die Bundesregierung einen Entwurf zur Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorgelegt, der derzeit in den Bundestagsausschüssen diskutiert wird (Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften, BT-Drs. 20/8299). Damit sollen weitere Möglichkeiten des elektronischen Schriftformersatzes in einem neuen § 3a Abs. 3 VwVfG eingeführt werden. Erhöhte Bedeutung dürfte der Absendung von Erklärungen aus dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA) mit einfacher elektronischer Signatur an die Behörde zukommen. Eine qualifizierte elektronische Signatur soll nicht erforderlich sein. Der Gesetzgeber geht damit auch auf eine Forderung der Anwaltschaft ein und erleichtert die Widerspruchserhebung für Anwälte in elektronischer Form so erheblich. 

Unter Mitarbeit von Linda Koßmann
 

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