Die Schlagzeile „Wir sind Papst“ aus der Bild-Zeitung vom 20.04.2005 genießt als Sprachwerk i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG urheberrechtlichen Schutz. 

Worum geht es?
Die Antragstellerin ist ein international tätiges deutsches Verlagshaus, welches u.a. die „Bild“-Zeitung herausgibt.

Die Antragsgegnerin bietet auf ihren Internetseiten sog. Stockmedien (Fotos, Graphiken und Videos) zum Lizenzerwerb an, welche von Dritten auf die Internetseiten der Antragsgegnerin hochladen werden.

Die Parteien streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens u.a. um die Frage, ob der Antragsgegnerin – gestützt auf das Urheberrecht – untersagt werden kann, die Nutzung eines Fotos, das eine haushohe Abbildung der Ausgabe der Bild-Zeitung mit der Artikelüberschrift „Wir sind Papst“ am Verlagshaus der Antragstellerin in Berlin zeigt, über ihre Plattform zum Lizenzerwerb anzubieten.

Entscheidung
Das Hanseatische Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 29. August 2024 (Az. 5 U 116/23) den Unterlassungsanspruch der Antragstellerin bejaht.

Die Schlagzeile „Wir sind Papst“ genieße als Sprachwerk i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG urheberrechtlichen Schutz. Im Bereich der Sprachwerke seien für einen Schutz grundsätzlich geringe Anforderungen an die hinreichende Individualität zu stellen. Diese Anforderungen seien vorliegend bei der Schlagzeile „Wir sind Papst“ erfüllt.

Nach Auffassung des Gerichts verbalisiert die Schlagzeile „Wir sind Papst“ in besonders prägnanter Form und unter Anwendung stilistischer Mittel ein Identifikationsgefühl in der Bevölkerung. Es handele sich um die prägnante Zusammenfassung eines Artikels in nur drei Worten, womit das Ereignis und die damit zusammenhängende Überraschung und Freude der Deutschen im Zusammenhang mit der Wahl eines deutschen Papstes zum Ausdruck gebracht werde. 

Praxistipp/Fazit
Das Gericht bejaht zutreffend den urheberrechtlichen Werkcharakter der Schlagzeile „Wir sind Papst“. Zeitungs- und Zeitschriftenartikel genießen ohnehin grundsätzlich urheberrechtlichen Schutz, da sie das Ergebnis einer persönlichen geistigen Schöpfung darstellen. Aber auch deren Schlagzeilen können – ebenso wie Werbeslogans – bei entsprechender Individualität (trotz ihrer Kürze) als Sprachwerk urheberrechtlich geschützt sein.

Bestätigt wird die Entscheidung des Gerichts auch durch die Gesellschaft für deutsche Sprache. Diese vergab im Jahr 2006 für die Schlagzeile „Wir sind Papst“ den zweiten Platz unter den zehn Wörtern des Jahres 2005. Die hohe Platzierung wurde damit begründet, dass die Wendung sprachlich einprägsam sei und noch Monate später zitiert und verändert worden sei.

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