Nach einer aktuellen Entscheidung des LG Köln können inhaltliche Kürzungen eines Zeitungsartikels das Urheberpersönlichkeitsrecht des Autors verletzen.
Worum geht es?
Der Chefredakteur einer Zeitung beauftragte einen freien Schriftsteller, gegen ein Honorar einen Zeitungsartikel über einen Rüstungskonzern zu verfassen. In dem Artikel sollte es ausdrücklich auch um Unterstützung des Konzerns aus der Politik gehen. Der Schriftsteller übersandte den Artikel mit einer E-Mail, in der er ausdrücklich forderte, dass alle Änderungen mit ihm abzusprechen seien.
Einige Tage nachdem der Text online gestellt worden war, stellte der Schriftsteller fest, dass eine Passage, die sich mit der Unterstützung aus der Politik befasste und in der eine Politikerin als „Rüstungs- und Kriegslobbyistin“ bezeichnet wurde, sowie das Fazit zu dem Themenkomplex der politischen Verflechtungen, entfernt worden waren. Hinzugefügt worden war ein Hinweis, dass in einer früheren Version des Textes auf die Verbindung zwischen der Politikerin und dem Konzern eingegangen worden sei. Die Ausführungen seien jedoch irreführend gewesen und daher gelöscht worden.
Der Schriftsteller wehrte sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen die Änderungen seines Textes. Die Zeitung berief sich darauf, dass sie aufgrund eines Gegendarstellungsverlangens der Politikerin zu den Änderungen berechtigt gewesen sei.
Bearbeitungen urheberrechtlich geschützter Werke
Das Urheberrecht enthält neben seiner vermögensrechtlichen Seite auch das sogenannte Urheberpersönlichkeitsrecht. Dieses schützt die ideellen Interessen der Urheber.
In Hinblick auf Änderungen von Werken ist hier insbesondere § 14 UrhG relevant. Verboten ist danach eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung des Werkes, die geeignet ist, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden.
Ausfluss des Urheberpersönlichkeitsrecht ist darüber hinaus ein allgemeines Änderungsverbot, das die Interessen des Urhebers schützt, selbst darüber zu entscheiden, wie sein Werk der Öffentlichkeit präsentiert werden soll. § 39 UrhG stellt klar, dass das Änderungsverbot grundsätzlich auch im Verhältnis zu Lizenznehmern gilt.
Die Entscheidung des LG Köln
Das LG Köln (14 O 144/23) sah in dem Zeitungsartikel ein urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk. Der Artikel gehe in seiner Gedankenführung sowie der Originalität von Wortwahl, Satzbau und sprachlichen Bildern weit über die bloße Aneinanderreihung von Fakten hinaus.
Die Kürzungen seien eine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG. Durch die Auslassungen gehe ein maßgeblicher Teil der Aussage des Artikels verloren. Von einer nur geringfügigen Änderung könne man schon deshalb nicht sprechen, da der Chefredakteur in der Beauftragung gerade auf die politische Unterstützung Wert gelegt habe.
Die Streichungen beeinträchtigten die Interessen des Schriftstellers. Ihm werde ein Text zugeordnet, der so nicht von ihm stamme. Er müsse mit Kritik rechnen, dass er sich nicht ausreichend mit den politischen Verflechtungen beschäftigt habe. Es könne der Eindruck entstehen, er sei parteiisch. Der Hinweis, der Text sei gekürzt worden, da die entsprechende Passage „irreführend“ gewesen sei, erzeuge zudem den Eindruck, er habe unsachgemäß bzw. tendenziös geschrieben.
Diese schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Interessen des Schriftstellers überwögen die Interessen der Zeitung an den Änderungen. Zwar sei hier auch das Interesse der Zeitung zu berücksichtigen, nicht von der Politikerin verklagt zu werden, allerdings hätte die Zeitung den Schriftsteller unproblematisch um Zustimmung bitten und bei Verweigerung derselben den Text vom Online-Auftritt entfernen können. Daher könne ein Schaden nur in Höhe des Honorars (im Fall: 400,00 EUR) berücksichtigt werden. Diesen könne die Zeitung aber nicht eigenmächtig höher gewichten als die Interessen des Urhebers.
Fazit
Die Anerkennung eines Zeitungsartikels als Sprachwerk ist wenig überraschend. Die Änderung eines urheberrechtlichen Werkes kann aber auch bei anderen Werkarten relevant werden, etwa bei Grafiken, Fotografien oder Bauwerken. Gerade bei Letzteren besteht häufig während der langen Schutzdauer des Urheberrechts (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) ein Bedürfnis zu Umbauten.
Die Entscheidung des LG Köln zeigt einmal mehr, dass die Urheberpersönlichkeitsrechte kein stumpfes Schwert sind. Wer Werke verändern will, sollte daher im Zweifel die Zustimmung des Urhebers oder seiner Erben einholen.