Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) steht die EU in puncto ESG-Transparenz vor einem Paradigmenwechsel. Unternehmen mussten erstmals für das Geschäftsjahr 2024 umfassende Nachhaltigkeitsinformationen veröffentlichen.
Um die Umsetzung zu begleiten, hat die EFRAG am 23. Juli 2025 eine breit angelegte Analyse veröffentlicht auf Basis von 656 Nachhaltigkeitsberichten, die zwischen Januar und April 2025 eingereicht wurden. Die Ergebnisse sind über die neue Plattform „State of Play 2025“ zugänglich, die Folgendes bietet:
- Interaktives Dashboard mit aggregierten Kennzahlen
- Datenbank der analysierten Berichte
- Vollständiger Bericht mit Trends und Beobachtungen
Wir fassen die wichtigsten Learnings zusammen, inklusive der wichtigsten prozentualen Verteilungen.
Variation im Berichtsumfang
- Durchschnittliche Seitenzahl: 115 Seiten
- Spannbreite: von 25 bis 440 Seiten
- Nur circa 25 % der Berichte sind kürzer als 70 Seiten
- Starker Regionalunterschied:
- Spanien: Ø 222 Seiten
- Dänemark: Ø 69 Seiten
Fazit: Die Berichtslänge hängt weniger von Unternehmensgröße oder Themenbreite ab sondern vielmehr von regionalen und sektoralen Kontexten.
Form erfüllt, Substanz schwankt
- Alle Berichte folgen der ESRS-Logik: General Disclosures + Umwelt (E), Soziales (S), Governance (G).
- Die doppelte Wesentlichkeit wird strukturiert umgesetzt und die meisten Unternehmen nutzten die offizielle Themenliste (ESRS AR 16).
- Die Angaben auf Datenpunktebene unterscheiden sich stark, denn einige Unternehmen liefern ausführliche Analysen, konkrete KPIs und Maßnahmen, während andere sich auf die Verwendung standardisierter Textbausteine beschränken und somit lediglich die formalen Mindestanforderungen erfüllen.
Häufig berichtete themenspezifische Standards und solche, die bisher kaum Beachtung finden
- Etwa 10 % der Unternehmen berichten zu allen 10 thematischen Standards, während 25 % vier oder weniger thematische Standards als wesentlich einstuften.
- Selten (unter 5 %) wesentlich sind Unterthemen wie „Verschmutzung von lebenden Organismen und Nahrungsressourcen“ (E2), „Mikroplastik“ (E2), „Bürgerrechte und politische Rechte von Gemeinschaften“ (S3), „Rechte indigener Völker“ (S3) und „Tierschutz“ (G1).
Themenspez. Standards | Anteil der Unternehmen |
S1 – Eigene Arbeitskräfte | 99 % |
E1 – Klimawandel | 98 % |
G1 – Geschäftsethik | 93 % |
S4 – Verbraucher/Endnutzer | 68 % |
E5 – Kreislaufwirtschaft | 65 % |
S2 – Arbeitskräfte Lieferkette | 63 % |
Stakeholderdialog noch stark nach innen gerichtet
Die doppelte Wesentlichkeit wird noch nicht ganzheitlich umgesetzt, denn eine ausgewogene Einbindung von Stakeholdern fehlt derzeit noch vielerorts. Am Häufigsten erfolgte die Einbindung geschäftsnaher Stakeholder, wie die eigenen Mitarbeiter, selten die gesellschaftlicher Stakeholder wie die Gewerkschaften und die Wissenschaft und Bildung.
Stakeholdergruppe | Anteil der Unternehmen |
Mitarbeitende (intern) | 97 % |
Kunden/Kundinnen | ~70 % |
Lieferanten | ~65 % |
Investoren/Investorinnen | ~60 % |
Behörden | 36 % |
NGOs | 33 % |
Communities | 30 % |
Gewerkschaften | ~11–20 % |
Wissenschaft & Bildung | ~14 % |
IRO-Bewertung und unternehmensspezifische Angaben:
Während Finanzunternehmen meist nachgelagerte Bereiche wie Finanzierungsportfolios fokussieren, analysieren Industrieunternehmen vor allem ihre eigenen Tätigkeiten und vorgelagerte Lieferketten. Zusätzlich berichten viele über individuelle Themen außerhalb der ESRS-Vorgaben, jedoch kennzeichnen nur rund 30 % diese explizit als unternehmensspezifisch.
Klimatransformationspläne: Ambition vorhanden, Umsetzung uneinheitlich
- 55 % der Unternehmen geben an, dass sie einen Klimatransformationsplan (Climate Transition Plan, CTP) haben.
- 70 % der Unternehmen setzen sich 1,5 °C-kompatible Ziele für Scope 1 und 2.
- Davon 60 % mit SBTi-Validierung*
- Nur 40 % integrieren Scope 3
* Die Science Based Targets initiative (SBTi) ist eine internationale Partnerschaft, die Unternehmen bei der Festlegung wissenschaftsbasierter Klimaziele unterstützt. Ziele gelten als „wissenschaftsbasiert“, wenn sie mit dem 1,5 °C-Pfad des Pariser Abkommens vereinbar sind.
CO₂-Bepreisung und Biodiversität:
Nur 20 % der Unternehmen nutzen ein CO₂-Bepreisungssystem. Besonders aktiv sind hier der Bergbau (60 %), der Energiesektor (53 %) und der Transportbereich (32 %). Auch beim Thema Biodiversität ist die Berichterstattung ausbaufähig: Lediglich 30 % der Unternehmen legen entsprechende Kennzahlen offen – im Schnitt rund vier pro Unternehmen.
Angemessene Löhne und Menschenrechte:
Über 90 % der Unternehmen berichten, dass sie Mindestlöhne einhalten. Kontextspezifische Angaben, etwa Unterschiede zwischen EWR- und Nicht-EWR-Ländern, fehlen jedoch meist.
Beim Thema Menschenrechte fällt auf:
- 81 % berichten über Diskriminierungsvorfälle innerhalb der eigenen Geschäftstätigkeit – mit starker Bandbreite bei den Zahlen.
- 78 % geben an, keine schweren Menschenrechtsverletzungen identifiziert zu haben, nur 5 % berichten über tatsächliche Vorfälle.
- Auch in der Lieferkette melden nur 10 % konkrete Vorkommnisse, obwohl ein Drittel darüber grundsätzlich berichtet.
Unser Fazit
Die ersten CSRD-Berichte zeigen, dass Unternehmen zentrale ESG-Ziele und -Strategien zunehmend strukturiert adressieren. Häufig fehlt es jedoch an Tiefe, Konsistenz und einer breiten Einbindung relevanter Stakeholder. Der Weg zu konsistenten, vergleichbaren und strategisch aussagekräftigen ESG-Reports ist eröffnet, jetzt gilt es, Qualität statt Quantität zu liefern.
- Auf Basis der EFRAG-Ergebnisse lassen sich folgende Handlungsfelder für Unternehmen identifizieren:
- Stakeholderdialoge gezielter und breiter aufsetzen
- Reportingstrukturen vereinheitlichen und inhaltlich stärken
- Klimatransformationspläne konkretisieren (inkl. Scope 3)
- Biodiversität und soziale Auswirkungen stärker adressieren
- Die Darstellung menschenrechtlicher Themen bleibt meist vage und relativierend
Strategisch berichten – mit dem ESCHE-Nachhaltigkeitsteam an Ihrer Seite
Als interdisziplinär aufgestelltes Team aus Nachhaltigkeitsberater und Nachhaltigkeitsberaterinnen sowie Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüferinnen begleiten wir Sie fundiert, pragmatisch und individuell – von der doppelten Wesentlichkeitsanalyse, der Auswahl des Rahmenwerks über die strukturierte Datenerhebung bis hin zur externen Kommunikation.
Sie möchten ESG-Berichterstattung mit Substanz und Strategie?
Sprechen Sie uns an – wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.
Florian Ludwig
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Sustainability-AuditorIDW
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Luisa Marie Borchardt
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