BGH entscheidet: Der Betreiber eines Portals zur Bewertung von Kliniken macht sich die Bewertung eines Patienten zu Eigen, wenn er ohne Rücksprache mit dem Patienten dessen Äußerungen ändert.
Seit geraumer Zeit beschäftigen Bewertungsportale die Gerichte. Ob Lehrerbewertungs- oder Ärztebewertungsportale – immer wieder kommt es zum Streit über dort eingestellte Erfahrungsberichte. Jetzt hat der BGH eine neue Fallkonstellation entschieden.
Klinik verlangt Unterlassen von Bewertungsportal
Die Klägerin, Betreiber einer Klinik für HNO- und Laser-Chirurgie, nahm den Beklagten auf Unterlassung von Äußerungen in dessen Klinikbewertungsportal in Anspruch. Es ging um den folgenden Erfahrungsbericht eines Patienten:
Der Patient wurde in der Klinik der Klägerin operiert. 36 Stunden danach und erst nachdem er in ein anderes Krankenhaus verlegt worden war, wurde bei ihm eine Sepsis festgestellt. Der Patient behauptete in seiner Bewertung, es sei „bei“ einem Standardeingriff zu einer septischen Komplikation gekommen. Das Klinikpersonal sei mit dieser lebensbedrohlichen Notfallsituation überfordert gewesen, was beinahe zu seinem Tod geführt habe.
Die Klägerin forderte den Beklagten auf, den Beitrag zu entfernen. Der beklagte Portalbetreiber änderte daraufhin – ohne Rücksprache mit dem Patienten – dessen Bewertung teilweise und strich insbesondere einzelne Formulierungen. Darüber informierte der Beklagte die Klägerin und teilte ihr mit, dass er weitere Änderungen für nicht erforderlich halte. Darauf verklagte die Klinik den Portalbetreiber.
BGH bestätigt die Entscheidungen der Vorinstanzen
Die Klinik gewann den Prozess in den ersten beiden Instanzen und war jetzt auch vor dem BGH erfolgreich.
Als wesentlich erachtete der BGH, dass der Portalbetreiber sich die Bewertung des Patienten durch die Änderungen zu Eigen gemacht habe. Dadurch habe der Betreiber die inhaltliche Verantwortung für die von der Klägerin angegriffenen Äußerungen übernommen. Er habe die Äußerungen nicht nur überprüft, sondern selbstständig – ohne Rücksprache mit dem Patienten zu halten – entschieden, welche Äußerungen er beibehalten, welche er löschen und welche er ändern wolle. Diese Entscheidung habe er außerdem der Klägerin mitgeteilt.
Praxistipp
Die Entscheidung des BGH fügt sich ein in dessen bisherige Rechtsprechung über das Zu-Eigen-Machen fremder Äußerungen im Internet (vgl. BGH GRUR 2009, 1093 – Focus Online; GRUR 2010, 616 – marions-kochbuch.de). Nach der Rechtsprechung des BGH machen sich Betreiber einer Webseite Inhalte dann zu eigen, wenn sie nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf der Internetseite veröffentlichten Inhalte übernehmen. Für ein Zu-Eigen-Machen fremder Inhalte spricht nach der Rechtsprechung BGH, dass der Anbieter die von Dritten hochgeladenen Inhalte inhaltlich-redaktionell auf Vollständigkeit und Richtigkeit kontrolliert oder die fremden Informationen in das eigene redaktionelle Angebot einbindet.
Wenn sich Portalbetreiber Äußerungen nicht zu eigen machen, haften sie hingegen nicht pauschal für auf ihrer Bewertungsplattform verbreitete rechtswidrige Tatsachenbehauptungen Dritter. Eine Haftung greift dann nur, wenn der Betreiber eine ihm obliegende Prüfpflicht verletzt. Ob eine solche Pflicht besteht und verletzt wurde, ist immer im Einzelfall zu entscheiden. Eine inhaltliche Vorabprüfungen der Bewertung ist grundsätzlich nicht erforderlich. Erst, wenn der Portalbetreiber positive Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung erlangt und sie dennoch nicht beseitigt, haftet er (vgl. BGH, GRUR 2015, 1129 – Hotelbewertungsportal).