Das soziale Netzwerk Facebook hatte nach eigenen Angaben im 4. Quartal 2019 rund 2,5 Milliarden Mitglieder, in Deutschland nutzen es knapp 30 Millionen Menschen. Angesichts dieses großen Verbreitungsgrads und wegen des schlechten Rufs, in dem Facebook wegen fragwürdiger Datenschutzpraktiken steht, kann es für Unternehmen wichtig sein, ob es so aussieht, als hätten sie ein Facebook-Profil. Das Landgericht Hamburg hat im Februar 2020 entschieden, dass Facebook gegen den Willen von Unternehmen keine Profile erstellen darf.

Facebook richtet ohne Einwilligung von Unternehmen unter deren Namen Profile ein. Es handelt sich dabei um „nicht-verwaltete“ Seiten, die automatisch generiert werden, wenn ein Unternehmen nicht über ein Facebook-Profil verfügt und ein Nutzer das Unternehmen bei Facebook sucht. Die Angaben beruhen auf öffentlich zugänglichen Informationen. Auf diesem Weg hatte Facebook auch über eine Anwaltskanzlei ein Facebook-Profil erstellt. Daran störte sich die Kanzlei und forderte Facebook auf, das Profil zu löschen. Da Facebook darauf nicht reagierte, erwirkte die Anwaltskanzlei gegen Facebook eine einstweilige Verfügung.

Das Landgericht Hamburg (Urteil vom 13.02.2020, Az. 312 O 372/18) stützt den Unterlassungsanspruch auf die §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB und bejaht einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Anwaltskanzlei. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der Eingriff in den gewerblichen Tätigkeitskreis unmittelbar, also betriebsbezogen, ist und sich gerade gegen den Betrieb und seine Organisation oder gegen die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richtet sowie über eine bloße Belästigung oder eine sozial übliche Behinderung hinausgeht. All diese Voraussetzungen sieht das Landgericht Hamburg als gegeben an.

Den betriebsbezogenen Eingriff bejaht das Gericht, weil bei der von Facebook ohne Einwilligung der Anwaltskanzlei erstellten „nicht-verwalteten“ Facebook-Seite nicht hinreichend erkennbar ist, dass das Profil nicht von der Kanzlei erstellt worden war. Zwar argumentierte Facebook, durch die Kennzeichnung des Profils als „Inoffizielle Seite“ sei hinreichend erkennbar, dass es sich um eine automatisch und ohne Zustimmung des Betroffenen generierte Seite handelt. Diese und weitere Kennzeichnungen der Seite sind nach Auffassung der Hamburger Richter jedoch unzureichend. Den betriebsbezogenen Eingriff stützt das Gericht zusätzlich darauf, dass von Facebook als einziges Rechtsgebiet der Kanzlei „Arbeitsrecht“ angegeben war, obwohl diese auf Urheber- und Medienrecht sowie gewerblichen Rechtsschutz spezialisiert ist. Durch diese Angabe werde der Verkehr in die Irre geführt und potentielle Mandanten könnten davon abgehalten werden, die Anwälte auf den Gebieten zu mandatieren, auf die sie sich spezialisiert haben.

Den Eingriff in den Gewerbebetrieb sieht das Landgericht Hamburg auch als rechtswidrig an, da das Schutzinteresse der Kanzlei die schutzwürdigen Belange von Facebook überwiegt. Das leitet das Gericht nicht nur daraus ab, dass potentielle Mandanten wegen Angabe einer falschen Spezialisierung die Anwaltskanzlei möglicherweise nicht kontaktieren. Durch die unzureichende Kennzeichnung als „Inoffizielle Seite“ werde die Kanzlei gegen ihren Willen mit Facebook in Verbindung gebracht. In diesem Kontext würdigt das Gericht die datenschutzrechtlichen Verfehlungen von Facebook und ordnet deshalb das Interesse der Anwaltskanzlei als schützenswerter ein als die Kommunikationsfreiheit von Facebook.

Neben der Anwaltskanzlei hatte auch einer deren Rechtsanwälte gegen die Erstellung eines inoffiziellen Facebook-Profils mit seinen personenbezogenen Daten auf Unterlassung geklagt. Auch diesen Anspruch sieht das Landgericht als gegeben an und stützt ihn auf die §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO. Im Zuge der vorzunehmenden Abwägung überwiege das Recht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung.

Praxistipp
Weder Unternehmen noch natürliche Personen müssen tatenlos zusehen, wenn Facebook über sie sogenannte nicht-verwaltete Seiten erstellt und es deshalb so aussieht, als hätten sie ein selbst erstelltes Facebook-Profil. Unterlassungsansprüche können betroffene Unternehmen auf die Rechtsfigur des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb stützen, natürliche Personen auf eine Beeinträchtigung ihrer informationellen Selbstbestimmung. Darüber hinaus kommen Ansprüche nach den §§ 5, 15 MarkenG und § 12 BGB in Betracht.

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